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Altkanzler Kohl sorgt sich um Europa

3. November 2014

Bücher von und über Helmut Kohl haben in den vergangenen Wochen mehrfach für Schlagzeilen gesorgt. Diesmal meldet sich der 84-Jährige "Aus Sorge um Europa" zu Wort - und spart nicht mit heftigen Angriffen.

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Helmut Kohl (links) und Jean-Claude Juncker bei der Vorstellung des neuen Buchs von Kohl (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/K. Pfaffenbach

Helmut Kohl macht die rot-grüne Regierung unter seinem Nachfolger Gerhard Schröder für die Schuldenkrise in Europa verantwortlich. Der Altkanzler kreidet der Nachfolgeregierung zwei schwere Fehler an: Sie habe Griechenland zu früh in die Eurozone aufgenommen und außerdem den Euro-Stabilitätspakt aufgeweicht. "Beide Entscheidungen gehören zu den wesentlichen Fehlentwicklungen, die wir in der EU, im Euroraum, in einzelnen Mitgliedstaaten und darüber hinaus insgesamt erleben müssen und zu Recht beklagen", schreibt Kohl in seinem neuesten Buch "Aus Sorge um Europa". Das sei "ein Schandstück deutscher Politik".

Mit ihm als Bundeskanzler hätte es keine Zustimmung gegeben, Griechenland von Anfang an in den Euroraum aufzunehmen. Das Land habe sich schon damals in einer Situation befunden, "die jedem, der genauer hinsah, nicht verborgen geblieben sein konnte, und an Warnungen hat es auch nicht gefehlt", schreibt Kohl. Nun müsse die EU jedoch solidarisch zu Griechenland stehen.

Der Altkanzler forderte die EU-Regierungen auf, stärker zusammenzurücken. "Wir brauchen wieder mehr europäischen Gemeinsinn", sagte Kohl bei der gemeinsamen Präsentation des Buches mit dem neuen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker in Frankfurt am Main. "Unsere Zukunft heißt Europa". Er selbst habe nie aufgehört an Europa zu glauben, sagte Kohl.

Kohl beklagt auch die derzeitige Isolation Russlands. In der Ukraine-Krise hätte sich der Westen klüger verhalten können. Dass sich die G-7-Staaten im Juni ohne Russland getroffen hätten, habe er als "einschneidend und auch bedrückend" empfunden. "Im Ergebnis müssen der Westen genauso wie Russland und die Ukraine aufpassen, dass wir nicht alles verspielen, was wir schon einmal erreicht hatten."

Juncker würdigte Kohl in seiner Laudatio als deutschen und europäischen Patrioten. Kohl habe stets Ressentiments gegen andere Länder abgewehrt. Zur "Kohlschen Methode" gehöre, die Befindlichkeit anderer zu achten. Kohl stehe dafür, dass der Euro "Friedenspolitik mit den Mitteln unserer Zeit" sei.

rb/gmf/wl (dpa, afp)