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Am Abgrund

Stefanie Suren29. September 2002

Eine Welle der Gewalt erschüttert den ehemaligen Musterstaat Côte d' Ivoire. Die Elfenbeinküste ist politischer und wirtschaftlicher Knotenpunkt der Region - der Konflikt könnte ganz Westafrika ins Chaos ziehen.

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Evakuierung von westlichen AusländernBild: AP

Es begann am 19. September: Zeitgleich griffen in den drei größten Städten des Landes Soldaten zu den Waffen. Die Meuterer erklärten, sie forderten ihre Wiedereingliederung in die verkleinerte Armee. Die Regierung sprach hingegen von einem Putschversuch. "Die Tatsache, dass die Aktion so gut koordiniert scheint und dass die Soldaten sofort gegen den Innen- und den Verteidigungsminister vorgingen, deutet auf einen Putsch hin", erklärte Cord Jakobeit, Leiter des Instituts für Politikwissenschaften in Hamburg im Gespräch mit DW-RADIO. "Dagegen spricht allerdings, dass die Rebellen nicht versucht haben, die Kontrolle über die Medien zu erlangen, was Voraussetzung für einen erfolgreichen Putsch wäre", fügt er hinzu.

Kriegsgrund: unklar

General Robert Guei, so Jakobeit, könne auch diesmal den Anstoß für die Unruhen geliefert haben. Guei hatte sich mit dem "Weihnachtsputsch" 1999 selbst an die politische Spitze der Elfenbeinküste gestellt, um schließlich bei den Präsidentenwahlen 2000 durch den Oppositionskandidaten Laurent Gbagbo abgelöst zu werden. Nach Ausbruch der Kämpfe wurde Guei jetzt in Abidjan erschossen. "Guei war wahrscheinlich ein Drahtzieher", sagt Jakobeit "doch vor allem ist es die allgemeine Unzufriedenheit, die hervorbricht. Die Soldaten kämpfen vielleicht nicht allein, es könnte auch andere Kräfte geben", erklärt Jakobeit.

Elfenbeinküste Soldaten in Bouaké
Bild: AP

Die Regierung der Côte d' Ivoire beschuldigt das nördliche Nachbarland Burkina Faso, die Rebellen zu unterstützen. Denn im Norden der Elfenbeinküste leben circa drei Millionen muslimische Einwanderer aus Burkina Faso. Sie verstärken den schwelenden Nord-Süd Konflikt zwischen Christen und Muslimen. Die burkinische Regierung bestreitet jedoch jede Einflussnahme.

Die Aufstände könnten aber auch Ausdruck von Unzufriedenheit über die wirtschaftlichen Probleme des Landes sein: Korruption, hohe externe und interne Verschuldung und die Abhängigkeit von Rohstoffpreisen hatten dazu geführt, dass die internationale Gemeinschaft 1998 den Geldhahn für die Elfenbeinküste zudrehte.

Verlassen des sinkenden Schiffes

Was auch immer der Hintergrund des Aufstandes, ob interne Rebellion oder ein Konflikt zwischen Christen und Moslems: Fest steht, dass eine blutige Welle der Gewalt die ehemalige französische Kolonie überschwemmt und es der Regierung noch nicht gelungen ist, sie einzudämmen. Mindestens 270 Menschen wurden getötet und die USA und Frankreich evakuierten in einer großangelegten Rettungsaktion 1.200 westliche Staatsbürger.

Intervention von außen

Während die Spannung an der Côte d' Ivoire sich zuspitzt, fürchten Nachbarländer, wie der westliche Nachbar Liberia, von der Gewalt mitgerissen zu werden. Nigeria schickte ein Vorauskommando und Militärflugzeuge, Ghana entsendete Soldaten. Auch die Afrikanische Union drängt die Regierung zu einem Dialog mit den Rebellen und die Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS), plant eine Krisensitzung.

Ob diese Maßnahmen jedoch die Gewalt eindämmen können scheint fraglich: Die Hilfsorganisationen richten sich bereits vorsorglich auf einen neuen Flüchtlingsstrom ein.