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Am Anfang eines Marathonlaufs

4. September 2009

Das Internationale Paralympische Komitee, die Weltorganisation des Behindertensports, hat in Bonn den 20. Geburtstag gefeiert. Zu dem Festakt kam auch hoher Besuch.

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Rennen der Rollstuhlfahrer bei den Paralympics in Peking (Foto: AP)
Bild: AP
Beim Festakt des Internationalen Paralympischen Komitees: hinten Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann, Albert II. von Monaco und Thomas Bach, vorne Philip Craven und Wolfgang Schäuble (Foto: dpa)
Hinten (v.li.): Bonns Oberbürgermeisterin Dieckmann, Albert II. und IOC-Chef Bach, vorne IPC-Chef Craven und SchäubleBild: picture-alliance / dpa

Fürst Albert II. von Monaco hat "Riesenrespekt" vor den Leistungen der Behindertensportler. "Sie erteilen uns eine Lektion über Hoffnung im Leben", sagt der Monarch vom Mittelmeer in Bonn bei der Feierstunde des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC). Fürst Albert ist Ehrenmitglied der Weltorganisation des Behindertensports, die vor 20 Jahren in Düsseldorf gegründet wurde und seit zehn Jahren ihren Hauptsitz in Bonn hat.

Sehen, was möglich ist

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sitzt selbst im Rollstuhl. Die Paralympische Bewegung sei wichtig, "für viele Menschen mit Behinderungen, die sehen, was alles möglich ist. Und auch die Menschen ohne Behinderung erkennen, was mit Behinderungen möglich ist." 20 Jahre IPC, so Schäuble, sei "eine Erfolgsgeschichte des Sports und der Humanität." Der Minister forderte, Behindertensportler finanziell stärker zu fördern und gleichzeitig darauf zu achten, dass sich Doping nicht so ausbreite wie im Sport der Nicht-Behinderten.

"Wir können natürlich nicht mit Sicherheit sagen, dass Behindertensportler in der Vergangenheit keine Dopingmittel genommen haben", sagt Sir Philipp Craven. Der Präsident des IPC verweist aber darauf, dass es bei den Sommer-Paralympics in Peking nur sehr wenige, bei den Winterspielen der Behindertensportler in Turin gar keine Dopingfälle gegeben habe. "Aber natürlich müssen wir sicherstellen, dass die Zahl nicht ansteigt."

Weitspringer Wojtek Czyz bei den Paralympics in Peking (Foto: AP)
Der Deutsche Wojtek Czyz gewann bei den Paralympics in Peking Gold im WeitsprungBild: AP

Craven hat als Rollstuhl-Basketballer an mehreren Paralympics teilgenommen. Der Engländer ist überzeugt, dass der Sport dazu beitragen kann, die Situation der Behinderten weltweit zu verbessern: "Die Athleten können jeden auf der Welt ändern." Indem sie zeigten, was mit Anstrengung, Ehrgeiz und dem Streben nach Spitzenleistung möglich sei, wie immer die aussehe. "Das kann auch bedeuten, ein Ei zu kochen. Hauptsache, du strengst dich für das an, woran du glaubst und lässt dir nicht von anderen sagen, was du tun sollst."

Sich fühlen wie ein Star

Rainer Schmidt beim Training (Foto: DW)
Rainer Schmidt beim TrainingBild: DW/ Nestler

In den vergangenen beiden Jahrzehnten habe sich der Blickwinkel auf den Behindertensport deutlich verändert, meint Thomas Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees. "Die Leistung der Athleten rückt in den Vordergrund, ihre Behinderung in den Hintergrund." Das hat Rainer Schmidt, Aktivensprecher der deutschen Behindertensportler, am eigenen Leib erfahren. In Peking 2008 hat der 44 Jahre alte Tischtennisspieler, der ohne Unterarme und mit einem verkürzten rechten Oberschenkel geboren wurde, seine große internationale Karriere beendet. Bei einem früheren Besuch hätten ihn die Menschen in China noch wie einen Außerirdischen behandelt. Während der Paralympics fühlte sich Schmidt plötzlich wie ein Sportstar: "Alle wollten Fotos mit uns machen, Unterschriften haben, uns die Hand schütteln. Nicht mehr aus Neugier, 'Wie fühlt der sich an?', sondern um uns Hochachtung zu zollen. Da ist ein ganz deutlicher Wandel in den Köpfen entstanden."

Immer noch werden Behinderte versteckt

UN-Sonderberater Willi Lemke (Foto: DW-TV)
UN-Sonderberater Willi LemkeBild: DW-TV

Dennoch bleibe noch viel zu tun. "Es gibt ein deutliches Gefälle zwischen Arm und Reich. Behinderung und Armut verbindet sich immer noch." In vielen Ländern lebten "Menschen mit außergewöhnlichen Begrenzungen" unter sehr viel schlechteren Bedingungen als etwa in Deutschland. Das bestätigt auch Willi Lemke, Sonderberater der Vereinten Nationen für Sport. In einigen Staaten, etwa in Ostasien oder Afrika, würden Behinderten immer noch versteckt. "Ich bin ja Marathonläufer. Ich würde sagen, wir sind jetzt so bei Kilometer eins oder 1,5. Im Ziel sind wir erst, wenn auf der ganzen Welt Menschen mit Behinderung genauso anerkannt sind wie Menschen ohne Behinderung."

Autor: Stefan Nestler
Redaktion: Tobias Oelmaier