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Am Mann: Michael Skibbe

3. April 2008

Guten Tag Herr Skibbe. Sie sind dann also Trainer von Leverkusen. Und darüber hinaus sagt man von Ihnen ja… äh … ja, was sagt man eigentlich? Was ist Ihr Image? Was denkt man so von Ihnen? Wissen Sie das? Hmmm...

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Bild: DW-TV

Michael Skibbe:
Also, mich interessiert mein Image gar nicht. Mir ist wichtig, dass meine Mannschaft und meine Spieler mich als Trainer anerkennen, der ihnen helfen möchte, der Verantwortung fürs Team übernimmt, der natürlich auch im Grunde der Leitwolf der Mannschaft ist, der Dinge vorgibt- so etwas ist mir wichtig. Mein Bild in der Öffentlichkeit ist mir gar nicht wichtig, außer dem Kicker lese ich überhaupt keine Tageszeitung. Und dementsprechend bin ich von außen auch überhaupt nicht beeinflussbar.

DW-TV:
Also, jetzt mal Tacheles: Farblos wird er von manchen genannt. Das ist aber noch lange kein Profil. Wer sind Sie also?

Ich bin Anfang 40. 42 Jahre alt und die Hälfte meines Lebens bin ich im Grunde jetzt schon Trainer. Ich bin auf der einen Seite im Job bin sehr pedantisch, ich bin in meinem Job sehr gewissenhaft und sehr genau. Da bin ich so berechenbar für meine Spieler wie ich berechenbar sein möchte und ich bin so authentisch wie ich authentisch sein kann und auch authentisch bin. Und mir ist ganz, ganz wichtig, dass ich fernab vom Fußball, genau das gleiche Leben führe wie jeder andere auch, weil das ist eben nur der Beruf den man ausübt, aber das ist nicht die Persönlichkeit, oder es nicht die Person, es ist der Beruf.

Berufslaufbahn: Momentan Trainer in Leverkusen, vorher hinter Rudi vier Jahre Nationalmannschaft und Vizeweltmeister. Davor in Dortmund, und gekickt hat er auch mal – bei Schalke, kurz und schmerzhaft.

Dann gab’s das Jahr 1986, hoffnungsvoller Fußballer waren sie und dann war Schluss- wie war das damals?

Ja, das ist natürlich sehr schade gewesen für mich, aber ein paar Jahre vorher war schon die erste Verletzung, Ende Dezember 1983 habe ich mir die erste Kreuzband, Innenband, Innenmeniskus Verletzung zugezogen. Also, die erste komplexe Knieverletzung. Und als ich dann operiert wurde, von einem Fachmann, von Dr. Löhnert, ein hervorragender Arzt, der hat meine Knie, toi, toi, ein paar Mal richtig gut wieder zusammengeflickt. Das erste was der nach der OP zu mir sagte, er sagte, na, Herr Skibbe - er kennt mich und weiß das ich ein hoffnungsvoller Spieler für Schalke bin - Er sagt, mit der Vorschädigung jetzt noch Profispieler zu werden, also das wird eng und ich sollte doch die Schule nicht vernachlässigen. Und das war eigentlich der größte Schock für mich. Dann habe ich in den Jahren darauf, ich habe immer ein paar Spiele gemacht und dann die nächste Verletzung gehabt, wieder ein paar Spiele, bis zum August 86 da habe ich mir dann die letzte Verletzung geholt. Da war ich eigentlich aufgrund der drei Jahre die ich hinter mir hatte, eigentlich schon ein bisschen abgestumpft und hab dann ganz schnell danach entschieden, ok wieder so eine komplexe Knieverletzung, jetzt machst Du Schluss und studierst Publizistik.

Ich hab auch für die Ruhr Nachrichten schon ein Volontariat gemacht in Gelsenkirchen im Sport, das hätte mich durchaus interessiert.

Und dann aber doch nicht gemacht- und dann relativ jung Trainer geworden, warum?

Ja, weil Rudi Assauer, der damalige Manager von Schalke mich gefragt hat und gesagt hat: Du Micha hättest du nicht Interesse unsere B Jugend zu übernehmen und Nachwuchskoordinator - Damals hieß das noch Jugendleiter - hier bei uns im Club zu werden. Das hat sich für mich sehr gut angehört und ich habe gesagt: Ja super, hätte ich Spaß dran, könnte ich mir vorstellen. Und dann ist aus diesem vermeintlichen Studium von Publizistik ganz schnell eine Trainerausbildung geworden.

Also ist im Grunde Rudi Assauer Schuld das sie jetzt da sitzen und nicht hier wo ich sitze?

Absolut. Er ist einer der Hauptschuldigen.

Der Rudi ist wieder schuld. Mit 21 war Skibbe Jugendtrainer auf Schalke und dann bei Dortmund. Mit 32 dann Coach der Profis der Borussia. Die tragen in auf Händen, aber die Fans wollen ihn nicht. Skibbe tritt freiwillig zurück und verzichtet auf 2 Millionen Euro Gehalt- ein typischer Skibbe?

Das ist typisch für mich. Ich lass mich gerne und auch gut bezahlen für meine Tätigkeit, jetzt im Profibereich bei Borussia Dortmund, der Nationalmannschaft und hier bei Bayer Leverkusen. Aber wenn an irgend einem Tag X, das dann auch vorbei ist, dann ist es auch vorbei. Und dann bin ich eben der Meinung, dass ich im Anschluss auch nicht mehr ein Gehalt verdienen muss, wie ich das eben als Profitrainer verdiene, wenn ich in dem Augenblick wieder Nachwuchskoordinator bin. Mir ist es ganz wichtig, dass ich mit all den Mitstreitern die jahrelang in der Jugendabteilung hatte, dass die nicht glauben der verdient jetzt das fünf oder acht oder zehnfache was er vorher verdient hat und dafür arbeitet er jetzt weniger oder anders, oder wie auch immer. Sondern die Menschen haben ein Recht darauf, genau wieder den Typen vor sich zu finden und mit dem zusammen zu arbeiten, der er vorher gewesen ist. Unehrlich vor mir selbst würde ich mich dann fühlen. Ja, also mir ist es ganz wichtig, dass ich mich selbst so darstelle oder das ich selbst so bin, wie ich auch sein möchte.

Kein Image ist das Image. Das Sein ist das Sein. Mehr sein? Verboten.

Von wem haben sie gelernt, dass man in diesem Millionengeschäft Fußball auf dem Boden bleiben muss.

Am ehesten meine Erziehung, also meine Eltern. Ich komme aus einer Bergarbeiter-Familie aus Gelsenkirchen. Mein Vater ist also Bergmann gewesen. Ich sag mal so aus der Arbeiterschicht. Ich komme immer noch gerne nach Hause zurück. Meine Eltern leben immer noch in der Wohnung, in der sie vor 50 Jahren schon gelebt haben, oder vor 40 Jahren gelebt haben. Und mir sind diese Wurzeln total wichtig.

Immer wieder der Pott. Gute Schule halt. Daher kommen se, die Malocher. Auch unter den Trainern. Wie hart ist das?

Das ist eh ein Job oder ein Beruf, der einem keine freien Tage bringt. Also es ist ganz, ganz selten das man mal einen freien Tag hat, sondern man ist eigentlich 7 Tage in der Woche unterwegs. Man arbeitet nicht immer wie andere immer 8 Stunden, sondern dann gibt es hier Interviews, dann gibt es da Spielbeobachtung, fährt irgendwo 2 Stunden hin, guckt den nächsten Gegner, fährt wieder zurück, man beobachtet Spieler, man telefoniert mit neuen Spielern, man spricht mit den eigenen Spielern. Man hat Trainingsvorbereitung und Nachbereitung, also ganz, ganz viele Dinge, die einen nahezu fast täglich beschäftigen. Es ist ein Beruf, der sehr viel Spaß macht, aber und das muss ich noch mal sagen, ganz, ganz schnell wieder Ablenkung finden. Steige ich zu Hause aus, bin ich wieder Privatmann und möchte auch mit Fußball für ein paar Stunden und für eine Nacht nix zu tun haben. Meine Maxime die ich habe, am Ende ist es nur Sport, es ist wichtig, es ist unser Beruf und alles, aber da spielen zwei Mannschaften gegeneinander, und nach 90 Minuten ist das alles in Ordnung, ist das alles gegessen, dann haben wir Fußball gespielt, mal gewinnt man, mal verliert man, das ist der Lauf im Fußball.