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Moderne Monarchie

14. August 2009

Die USA hatten nie einen König oder Kaiser. Aber für Märchen-Prinzessinnen begeistern können sich die Amerikaner auch: Sie machen einfach ihre demokratisch gewählten Politiker zu verehrungswürdigen Glamour-Figuren.

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Bild: DW

Alle Mädchen wären am liebsten Prinzessinnen und alle Jungen möchten bis zu einem bestimmten Alter noch Ritter werden. Aber selbst im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, den USA, haben es bis jetzt höchstens Hollywoodschauspieler zu einer Krone und einem Thron gebracht. Weit und breit gibt es keine alten Schlösser, keine Prinzen und Burgen, keinen alteingesessenen Adel. Aber der Wunsch nach Glanz und Glamour an der Staatsspitze besteht auch hier. Vielleicht gerade hier. Hollywood ist so nah. Warum sollte es dann gerade hier keine Prinzessinnen geben?

Ersatz-Adel im Weißen Haus

In Europa lebt diese unterschwellige Begeisterung für Könige und Prinzessinnen weiter. Wir bleiben unserem alten Adel treu, sei es Prinz Harry aus Großbritannien oder Prinzessin Victoria aus Schweden. Wir wollen diese Faszination nicht aufgeben. Schließlich haben wir das Glück, seit Jahrhunderten bestehende Monarchien live und vor Ort zu haben.

Die Amerikaner, deren Geschichte keine echten Monarchen hervorgebracht hat, wissen sich zu helfen. Sie suchen sich ihre Prinzessinnen und Prinzen selbst aus. Sie machen einfach ihre demokratisch gewählten Politiker zu verehrungswürdigen Glamour-Figuren. Das Weiße Haus wird zum modernen Schloss, die First Family zum glanzvollen Vorbild.

Niemand kann sich wohl daran erinnern, was Eva Köhler, die Frau des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler, beim letzten öffentlichen Auftritt an hatte. Oder weiß jemand, welches die bevorzugte Krawattenfarbe von Joachim Sauer, dem Ehemann von Bundeskanzlerin Angela Merkel, ist?

Wie eine Prinzessin

Aber wer erinnert sich nicht an Michelle Obamas weißes Chiffonkleid - Prinzessinnen-like - in dem sie mit ihrem Mann in die Amtseinführung tanzte? Die amerikanische First Lady wird von den Medien immer wieder für ihr glamouröses Auftreten gelobt. Und mit einer Michelle in pinkem Abendkleid oder orangem Business-Dress an der Seite wird auch jeder schwarze Anzug des Präsidenten zu einem Hingucker. Politik in den USA ist genauso trocken, wie in anderswo. Aber sie soll weniger farblos und attraktiver wirken. Dafür sind sogar die bunten Mittel der Modewelt recht.

Es verwundert nicht, dass es Michelle und Barack Obama sind, die aus der kürzlich veröffentlichen "Best Dressed" Liste der US-Zeitschrift Vanity Fair herausstechen. Obamas Kinder sind zwar noch nicht auf der Liste, aber wenn es eine Kategorie "Best dressed children" gäbe, wären wohl auch Malia und Sasha jetzt in der "Vanity Fair" zu finden. Da kann nicht einmal Hollywood-Star Angelina Jolie mithalten. Sie musste ihren Platz in der besagten Liste einbüßen.

Irgendwie sind wir doch alle gleich. Wir alle sehnen uns nach echten Märchen. Und auch den Amerikanern reicht Hollywood nicht. Aber ihre Prinzen und Prinzessinnen sind moderner als in Europa: Sie sind demokratisch gewählt.

Autor: Isabelle Schaefers

Redaktion: Dirk Eckert