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Amerikaner eröffnet in Prag Kommunismus-Museum

14. Dezember 2001

– Tschechische Historiker und Experten überrumpelt

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Prag, 12.12.2001, Tageszeitung LIDOVE NOVINY, tschechisch

Inmitten von Prag ist das erste tschechische Museum des Kommunismus entstanden. Die Ausstellung im Savarin-Palais in der Straße "Na Prikope" (Im Graben) nahe des Wenzelplatzes finanzierte der Amerikaner Glenn Spicker (in Tschechien bislang vor allem als Restaurateur bekannt) aus eigener Tasche, allerdings ohne die Fachkreise vorher darüber zu informieren.

"Wir wollten den Kern des kommunistischen Grauens zeigen", sagte der Journalist Viktor Slajchrt, einer der Kuratoren. "Es geht hierbei um ein Projekt eher für Ausländer. Uns ging es nicht in erster Linie um ein historisches Museum, sondern vielmehr um die Schaffung einer Atmosphäre der damaligen Zeit. In eine Ausstellung akademischer Prägung würden wir keine Touristen locken können," räumte er ein. Slajchrt will jedoch nicht, dass aus den Schrecken des Kommunismus eine Attraktion entsteht.

Das Museum über die Zeit des Kommunismus in der Tschechoslowakei (1948-1989) betritt man durch einen Eingangsbereich, der auch von einem bekannten Spielcasino sowie von einem McDonalds-Schnellrestaurant genutzt wird. Direkt hinter dem Eingang lauert eine lebensgroße Statue von Karl Marx und eine Lenin-Büste.

Mit der Dramaturgie der Ausstellung war Jan Kaplan (in London lebender Tscheche) beauftragt worden, der die Exposition in drei Abteilungen gegliedert hat: Träume, Realität und Albtraum des Kommunismus.

(...) In das Projekt waren weder tschechische Historiker noch andere Experten eingeweiht. "Ich höre das zum ersten Mal. In Prag gibt es zwar einige private Ausstellungen, bislang jedoch keine über den Kommunismus", sagte der Historiker Jiri Kocian vom Institut für Geschichte des 20. Jahrunderts bei der Tschechischen Akademie der Wissenschaften.

Glenn Spicker ist ihnen allen mit einer Ausstellungsfläche von 450 Quadratmetern in dem luxuriösen Palais zuvorgekommen. Das Erlebnis kostet 130 tschechische Kronen. "Ich weiß, es ist schon eine Ironie, dass das Kommunismus-Museum unter kapitalistischen Bedingungen entstand", sagte Spicker.

"Die Miete ist hier aber sehr teuer. Ich kenne weder Havel persönlich noch andere einflussreiche Leute, die mir bei der Umsetzung meiner Idee helfen würden. Das Einzige, was ich hier in Tschechien in den vergangenen Jahren gelernt habe, ist, unternehmerisch tätig zu sein", fügte er hinzu. Die ausgestellten Exponate wurden von Spicker gekauft, geliehen oder gemietet.

In der den kommunistischen Träumen gewidmeten Abteilung begrüßt die Besucher ein Kosmonaut und ein Vorderteil des russischen Kampfflugzeuges vom Typ MiG-21.

Ein Stückchen weiter steht eine Werkstatt, wo "sozialistisch" geschuftet wird. Eine Schulklasse mit allen in jener Zeit gängigen Ideologie-Instrumenten fehlt auch nicht.

Die kommunistische Realität von damals bringen leere Kaufhaus-Regale in Erinnerung. Verschiedene Sportsachen sollen wiederum darauf aufmerksam machen, wie Sport-Leistungen von dem früheren Regime für Propaganda-Zwecke genutzt wurden. (...)

Der Albtraum des Kommunismus wird durch ein Büro der ehemaligen tschechoslowakischen Staatssicherheit StB mit monumentalem Hammer und Sichel an der Wand präsentiert. (ykk)