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Private Bunker für den Weltuntergang

Sophie Schimansky New York
19. September 2017

Die weltweite Angst vor einem Atomkrieg steigt durch die Korea-Krise. Die wohlhabenden Amerikaner leisten sich zunehmend Bunker, in die sie und ihre Familie bei einem solchen Szenario flüchten können.

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USA Unternehmen Atlas Survival Shelters
Bild: Atlas Survival Shelters

Im Osten des amerikanischen Bundesstaates Nebraska, 20 Autominuten von Omaha, liegt Offutt, einer der wichtigsten Stützpunkte der amerikanischen Luftwaffe. Auf der Startbahn steht eine umgebaute Boeing 747, mit laufenden Motoren, vollgetankt, Piloten und Personal sind bereit. In 12 bis 15 Minuten könnte die Maschine abheben und den amerikanischen Präsidenten in Sicherheit bringen, sollte eine nukleare Bombe explodieren oder Amerika von einem weiteren verheerenden Terroranschlag heimgesucht werden. Eine weitere Maschine dieser Art reist nahezu überall mit dem Präsidenten mit. Die Luftwaffe hat sich öffentlich nie zu diesen Flugzeugen geäußert, aber über die Jahre ist es Journalisten gelungen durch Interviews und Recherche ein Bild der geheimen Flotte zeichnen.

Der Präsident, seine Familie, Kongressabgeordnete und wichtige Militärs werden in solchen Extremsituationen zum Beispiel nach Ravenrock geflogen, einer unterirdischen Militärbasis in Pennsylvania. Doch während die Regierungsmitglieder vor Naturkatastrophen, Bomben und Pandemien sicher sind, gibt es nicht genug Bunker für die amerikanische Bevölkerung. Verglichen mit dem Apparat rund um die Regierung wirkt der offizielle Leitfaden für Nuklearschläge wie ein Witz - man solle nicht ins Licht der Explosion schauen, sich seiner Kleidung entledigen und duschen, um so radioaktive Verseuchung zu beseitigen. Vor allem aber solle man sich unter die Erde begeben, ins innere von Gebäuden.

Superschutz für den Präsidenten

Daraus schlagen private Unternehmen Gewinn. Wem der heimische Keller nicht genügt, der kann sich an Unternehmen wie Atlas Survival Shelters oder Rising S wenden. Sie bauen und installieren unterirdische Bunker. Rund, eckig, mit Luftfiltersystemen und Möbeln. Und die Nachfrage steigt. Ron Hubbard ist der Gründer von Atlas Survival Shelters in Texas. Er spricht von einem Nachfragelevel, das er das letzte Mal im Kalten Krieg gesehen habe. Grund seien dieses Mal die Angst vor Terror, Naturkatastrophen - vor allem aber einer nuklearen Auseinandersetzung mit Nordkorea. Die zahlreichen Bombentests von Kim Jong Un haben ihre Wirkung gezeigt.

USA Unternehmen Atlas Survival Shelters
Ron Hubbard (l.), Chef von Atlas Survival Shelters, präsentiert stolz das Innenleben seiner privaten SchutzräumeBild: Atlas Survival Shelters

Die Bedrohung durch diese Szenarien wächst - nicht nur gefühlt sondern tatsächlich, glaubt man der "Uhr des Jüngstens Gerichts". Die Uhr ist symbolisch und soll zeigen, wie kurz die Welt vor einer vernichtenden Katastrophe durch Naturkatastrophen oder Atomwaffen steht. Die Bewertung des Risikos nimmt das Gremium der Bulletin of the Atomic Scientists vor, in dem 17 Nobelpreisträger vertreten sind. Inzwischen sind die Zeiger auf zweieinhalb Minuten an die 12 heran gerückt. So knapp war es seit dem Beginn des Kalten Krieges 1953 nicht mehr.

Risiken wachsen

Die Gründe sind vielfältig. Vor allem hat sich die Wahrscheinlichkeit eines nuklearen Krieges erhöht, aufgrund des Konflikts zwischen Amerika und Nordkorea. Nukleare Waffen sind die einzigen Massenvernichtungswaffen, die noch nicht durch ein internationales Abkommen verboten wurden. Offiziell besitzen neun Länder insgesamt 15.000 Atomwaffen, darunter die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien. Keines dieser neun Länder arbeitet mit an einem von der UN vorgeschlagenen Abkommen, nukleare Waffen zu bannen, wie man es bereits mit chemischen und biologischen Waffen getan hat. Hochrangige Politiker und Wissenschaftler werben für den Bann, unter anderem William J. Perry, der in den Jahren 1994 bis 97 Verteidigungsminister unter Bill Clinton war. Auch Nobelpreisträger Eric Kandel appelliert an die Länder, nukleare Waffen zu bannen. Es sei sinnvoller, mögliche Gewalt zu reduzieren als solch zerstörerischen Waffen in den Händen von Menschen zu wissen, die sich der Verantwortung nicht ganz bewusst seien. 

Südseefeeling in japanischen Atombunkern

Doch auch die Angst vor Naturkatastrophen macht den Amerikanern zu schaffen. Erst jüngst sind die beiden Hurrikane Harvey und Irma über Teile Amerikas hinweggefegt - auch diese Schlagzeilen lassen die Nachfrage nach Bunkern spontan ansteigen, sagt Ron Hubbard. Einfache Modelle gibt es ab 36.000 Dollar. Obendrauf kommen Kosten für Einrichtung und Aufbau.

Gewinn mit Bunkern

Für Atlas Survival Shelters und Rising S Bunkers aber ist die Angst der Amerikaner vor Atombomben gewinnbringender denn je. Beide Unternehmen sind regelrecht überlastet. Ron Hubbard sagt, dass sie weltweit jährlich rund 1000 der Bunker verkaufen und installieren. Viele davon gehen an Unternehmen, die größere Modelle für ihre ganze Belegschaft kaufen. Einen Bunker für zehn bis zwölf Personen gibt es ab 77.900 Dollar - ohne Aufbau. Der günstigste Bunker kostet 10.000 Dollar ohne Aufbau. "Mir war es wichtig, dass wir auch ein Angebot für einkommensschwache Familien haben", sagt Hubbard.

In den USA verkaufe er seine Bunker aber eher an wohlhabende Individuen, sagt Hubbard. An den "Mann, der alles hat, Privatjet, Ferarri und Ferienhäuser." Für diese Kunden sind die Bunker mehr Spielzeug und Prestigeobjekt als Überlebensgarantie. In einem Werbevideo nennt er Bunker eine "Männerhöhle". Er selbst hat sich und seiner Familie auch einen gebaut. "Ich selbst habe meine 58 Waffen darin ausgestellt", sagt er stolz. Es gibt die Bunker mit Restaurant, Kino und sogar einem Pool.

Spielzeug für die Superreichen

Auch für die Superreichen aus dem Silicon Valley scheint das Vorbereiten auf den Weltuntergang eher ein großes Abenteuer zu sein. In privaten Facebook-Gruppen tauschen sich wohlhabende Amerikaner über Gasmasken und Bunkerausstattung aus. So zum Beispiel Steve Huffman, der 33-jährige Gründer und CEO der Internet-Plattform Reddit. Dem Magazin New Yorker sagte er, er sei zunehmend besorgt um die Stabilität der politischen Lage in Amerika. Auch Multimilliardär Bill Gates soll bereits mehrere Bunker für sich und seine Familie angelegt haben.

Ron Hubbard sagt, es braucht keinen Weltuntergang, um einen solchen Bunker nutzen zu können. Er rät: "Solange die Welt noch nicht untergegangen ist, einfach mal die Freunde einladen und in der Männerhöhle pokern und Zigarren rauchen." Ein Luftfiltersystem ist ja zum Glück mit eingebaut.