1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Amerikas erster pazifischer Präsident"

14. November 2009

US-Präsident Barack Obama hat die wachsende Bedeutung Chinas in der Weltpolitik begrüßt. Sich selbst bezeichnete er in einer außenpolitischen Grundsatzrede in Japan als ersten pazifischen Präsidenten der USA.

https://p.dw.com/p/KWne
Obama verbeugt sich tief vor Japans Kaiser (Foto: ap)
Obama verbeugte sich nach japanischem Brauch vor Kaiser AkihitoBild: AP

Die Reise von US-Präsident Barack Obama nach Asien ist kein Spaziergang für ihn. Während die Vormachtstellung der USA dort kontinuierlich sinkt, wachsen Macht und Selbstbewusstsein der asiatischen Länder, vor allem Chinas, rasend schnell. Es wundert daher kaum, wenn Obama betont, er wolle die Beziehung zwischen Peking und Washington vorantreiben. Die Zeiten, in denen die Menschen im Reich der Mitte zu den US-Amerikanern aufschauen mussten, sind vorbei. Chinas Selbstvertrauen wächst.

Obama vor großem Plenum (Foto: ap)
1500 Gäste waren bei Obamas Grundsatzrede dabeiBild: AP

In einer außenpolitischen Grundsatzrede vor 1500 japanischen Geschäftsleuten, Wissenschaftlern und anderen Bürgern begrüßte Obama am Samstag (14.11.2009) die wachsende Bedeutung Chinas in der Weltpolitik. "Der Aufstieg eines starken, blühenden Chinas kann eine Quelle der Stärke für die Gemeinschaft der Nationen sein", sagte der US-Präsident in Tokio. Für die USA sei der pazifisch-asiatische Raum von zentraler Bedeutung für die eigene Entwicklung. Sich selbst bezeichnete er in der 40-minütigen Rede als "Amerikas erster pazifischer Präsident".

Neue Töne von Obama

Obama schüttelt Jintao die Hand (Foto: ap)
Im September traf Obama bereits mit Chinas Präsident Hu Jintao zusammenBild: AP

Eine engere Zusammenarbeit zwischen den USA und China werde beiden Ländern zugutekommen. "Wir heißen Chinas Anstrengungen willkommen, eine größere Rolle auf der Weltbühne zu spielen, eine Rolle, bei der die wachsende Wirtschaft begleitet wird von wachsender Verantwortung." Der wachsende Einfluss eines Landes müsse nicht auf Kosten anderer Staaten gehen. Für Beobachter der US-Außenpolitik ist klar: Die US-Regierung unter Präsident Barack Obama schlägt gegenüber China neue Töne an. "Strategische Beschwichtigung" heißt der neue Weg, den in der westlichen Welt allerdings manche als Schmusekurs empfinden.

Uiguren protestieren gegen die Politik der Chinesen (Foto: dpa)
Ein heikles Thema im Umgang mit den Chinesen sind stets die Menschenrechtsverletzungen in der VolksrepublikBild: dpa

In der globalen Wirtschaftskrise streichelt der US-Präsident die chinesische Seele weiter. Er würdigte die Beiträge Chinas zur Ankurbelung der Konjunktur sowie für Sicherheit und Stabilität in Afghanistan und Pakistan. Peking sei auch der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen verpflichtet. Kritik wird nur ganz dezent formuliert: Der US-Präsident mahnte wenige Tage vor seinem Besuch in Shanghai und Peking die chinesische Führung, die Menschenrechte einzuhalten.

APEC trifft sich in Singapur

Doch nicht nur China hat in Asien eine selbstbewusste Rolle eingenommen. In Singapur kommen an diesem Samstag die Staats- und Regierungschefs der 21 Mitgliedsstaaten des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums, APEC, zu ihrem jährlichen Gipfeltreffen zusammen. Im Mittelpunkt der Beratungen des Forums wird die weitere Bekämpfung der weltweiten Wirtschaftskrise stehen. Und Länder wie zum Beispiel Japan oder Südkorea sind nicht nur wirtschaftspolitische Schwergewichte, die ihre Ansichten formulieren. Die Entwicklung der asiatisch-pazifischen Region hat nach den Worten Obamas einen direkten Einfluss auch auf "unser Leben zu Hause". Die USA strebten sowohl wegen des Handels und der Arbeitsplätze als auch wegen der Sicherheitsfragen eine enge Kooperation mit den Ländern der pazifischen Region an. Auch in der Frage der Energiesicherheit und des Klimaschutzes sei eine enge Abstimmung zwischen allen pazifischen Staaten erforderlich. Die strategischen Allianzen der USA mit Japan, Südkorea, Australien und Thailand sowie den Philippinen seien keine "historischen Dokumente", sondern fundamental für die gemeinsame Sicherheit.

Singapur bei Nacht (Foto: AP)
In Singapur findet das Treffen der APEC-Staaten stattBild: dpa

Obama sprach auch den globalen Klimawandel an. Im Dezember findet die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen statt – und die muss nach den Worten Obamas zu einem Erfolg werden. "Ich habe keine Illusionen, dass das leicht werden wird", aber der Weg sei klar. "Alle Nationen müssen ihrer Verantwortung gerecht werden", forderte der Präsident. Für Industrieländer wie die USA bedeute dies auch, klare Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase zu definieren. Die gute Nachricht sei, dass der Kampf gegen die Klimaerwärmung die Kreativität der Wissenschaftler, neue Geschäfte und ganze Industrien fördern werde.

Während Obama darüber redet, handeln andere: Brasilien will den Ausstoß von Treibhausgasen deutlich senken. Umweltminister Carlos Minc kündigte in Sao Paulo an, bis 2020 werde die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas die CO2-Emissionen freiwillig um fast 40 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren. Die Reduzierung der klimschädlichen Emissionen soll vor allem dadurch erreicht werden, dass weniger Regenwald im Amazonas-Gebiet gerodet wird.

USA kämpfen um Führungsanspruch

Doch obschon man das Gefühl hat, dass die anderen Nationen den Abstand zu den USA verkürzen, pocht auch Obama darauf, weiter Supermacht sein zu wollen. Er betonte in Tokio den Führungsanspruch der USA in der Welt: "Seit ich mein Amt angetreten habe, arbeite ich dafür, die amerikanische Führung zu erneuern und eine neue Ära der Verantwortung in der Welt basierend auf gemeinsamen Interessen und gegenseitigen Respekt zu bilden."

Zum Abschluss seines Japan-Besuches wurde Obama von Kaiser Akihito empfangen. Beide trafen sich gemeinsam mit Kaiserin Michiko (75) im kaiserlichen Palast in Tokio zum Mittagessen, wie japanische Medien berichteten. Es war die erste Begegnung zwischen Obama und dem japanischen Monarchenpaar. Kaiser Akihito hatte am Donnerstag den 20. Jahrestag seiner Thronbesteigung gefeiert.

Obama begrüßt Japans Kaiser Akihito und dessen Frau Michiko (Foto: ap)
Obama begrüßt Japans Kaiser Akihito und dessen Frau MichikoBild: AP

Autor: Marcus Bölz (mit dpa, AFP)

Redaktion: Martin Schrader