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Amnesty International prangert Folter in Georgien an

2. Februar 2006

Auch nach der Rosenrevolution ist Folter in georgischen Gefängnissen weiter eines der Hauptprobleme im Bereich der Menschenrechte. Amnesty International erhebt schwere Vorwürfe.

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Amnesty International

Nach Ansicht von Menschenrechtlern wird erstmals seit der Rosenrevolution in georgischen Gefängnissen wieder Folter angewandt, und zwar noch systematischer, als unter der früheren Staatsmacht. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2004 gestand die neue georgische Führung ein, dass der brutale Umgang mit Gefangenen eines der Hauptprobleme im Bereich der Menschenrechte ist. Das geht aus einer Erklärung von Amnesty International hervor.

Unzureichende Maßnahmen gegen Folter

Seit der Rosenrevolution sind laut Amnesty International in Georgien aber auch gewisse Erfolge erzielt worden. Unter anderem wurde die Aufsicht über Arrestanstalten verstärkt, für die das Innenministerium zuständig ist. Ferner wurde die Gesetzgebung mit dem Ziel geändert, Folter und brutalen Umgang mit Gefangenen zu verhindern. Aber man könne vorerst nicht sagen, dass es keine Folter mehr in georgischen Gefängnissen gebe, wie dies Präsident Micheil Saakaschwili behaupte, meint die Georgien-Expertin von Amnesty International, Anna Sunder-Plassmann, in einem Gespräch mit der Deutschen Welle: "Es ist sehr schwierig konkrete Zahlen zu nennen, aber wir wissen, dass dies ein Problem ist. Das, was bisher unternommen wurde, reicht bei weiten nicht aus."

Erschreckende Foltermethoden

In dem Bericht von Amnesty International werden viele Fälle aufgeführt, zu denen es nach der Rosenrevolution gekommen ist. Opfer berichten, dass sie mit Stromschlägen gefoltert worden seien. Ihnen wurden Plastiktüten über den Kopf gestülpt. Ferner wurden sie mit Zigaretten verbrannt. Auch wurden ihnen unter Androhung eines Schusses Pistolen in den Mund gehalten. Gedroht wurde aber auch, mit ihren Angehörigen abzurechnen. Geschlagen wurden sie mit Gummiknüppeln und Gewehren. Außerdem wurden sie mit Füßen getreten. Die Vertreterin von Amnesty International, Sunder-Plassmann, erklärte, warum sich nur wenige Opfer melden: "Es gibt viele Menschen, die Angst haben, sich gegen das Vorgehen der Polizei zu beschweren. Deswegen tauchen viele Fälle in den Statistiken nicht auf."

Empfehlungen von Amnesty International

Amnesty International empfiehlt der georgischen Führung, eine unabhängige Behörde zu schaffen, um den Folterfällen nachzugehen, aber auch um der Gewalt gegen verhaftete Menschen außerhalb von Tiflis mehr Beachtung zu schenken. Sunder-Plassman sagte ferner: "Wir empfehlen auch, alle Polizisten, gegen die ermittelt wird, vorübergehend aus dem Dienst zu ziehen. Ein Grund ist, dass die Gefahr besteht, dass ein Polizist, der einen Häftling oder einen Festgenommenen brutal behandelt hat, dies wiederholen könnte. Das wäre eine Sicherheitsmaßnahme."

Sunder-Plassman meint, dass man die Lage in Georgien mit der in anderen postsowjetischen Republiken, beispielsweise in Usbekistan, wo Folter systematisch angewandt wird, nicht vergleichen könne: "Wir sind über das Ausmaß von Folter in vielen Ländern besorgt, in Usbekistan, Turkmenistan, in Russland und auch in der Ukraine und in Georgien. Unsere Organisation vergleicht nicht die Länder. Wir sagen nicht, wer besser und wer schlechter ist. Wenn man über Menschenopfer spricht, spielt es keine Rolle, in welchem Land dies passiert."

Viacheslav Yurin
DW-RADIO/Russisch, 2.2.2006, Fokus Ost-Südost