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Amsterdam Prostitution

27. Oktober 2010

Für viele Touristen gehört zu einem Amsterdam-Trip ein Besuch im Rotlichtviertel, wo der Hauch des Verruchten lockt. Doch neben der legalen Prostitution hat sich auch ein illegaler Zweig etabliert - mit Minderjährigen.

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Minderjährige Prostituierte in Amsterdam (Foto: Svea Sobotka)
Prostitution in AmsterdamBild: Svea Sobotkaer

In den Niederlanden ist Prostitution seit zehn Jahren als Beruf anerkannt. So wollte die Regierung in Den Haag einst gegen das Schmuddel-Image der Branche vorgehen und den Frauen mehr Sicherheit geben, wozu auch Sozialversicherungen gehören. Aber nach wie vor gibt es auch in Amsterdam illegale Prostitution. Untersuchungen zeigen, dass mehr als die Hälfte der Frauen, die im dortigen Rotlichtviertel De Wallen arbeiten, es nicht freiwillig tun.

Mit Elf in die Prostitution

Kinderbett (Foto: Svea Sobotka)
Kinder werden abhängigBild: Svea Sobotkaer

Besonders grausam ist dabei die Ausbeutung von Minderjährigen. Samantha hat vier Jahre lang in Amsterdam und anderen großen Städten in Holland angeschafft. Heute ist sie 15 Jahre alt. Mit elf wurde sie das erste Mal zum Sex gezwungen. Sie war einem sogenannten Loverboy verfallen.

Loverboys sind Männer, meist Anfang bis Mitte 20 Jahre alt, die davon leben, Minderjährige in die Prostitution zu bringen. Sie geben sich als der perfekte Freund, überhäufen die Mädchen oft mit Geschenken und verlangen dann nach ein paar Wochen oder Monaten als Gegenleistung für ihre Zuneigung das erste Mal Sex; zunächst nur zu zweit, dann mit Freunden, schließlich für Geld.

Angst vor dem Alleinsein

Anita de Wit, die Gründerin der Stiftung Stop Loverboys Nu (Foto: Svea Sobotka)
Anita de Wit hilft beim AussteigenBild: Svea Sobotkaer

"Für Außenstehende ist es nicht zu verstehen, was da passiert, warum wir bei den Männern bleiben. Aber Du hast das Gefühl, dass Du keine Wahl mehr hast. Ich hatte Angst vor dem Alleine-Sein", sagt die 15-jährige Samantha. Sie hat mehrere erfolglose Ausstiegsversuche hinter sich. Jetzt kümmert sich Anita De Wit von der Stiftung "Stop Loverboys Nu" um das Mädchen. Jedes Jahr nimmt De Wit mehr als 20 junge Frauen in ihre Betreuungseinrichtung auf, Mädchen, die aussteigen wollen, aber denen oft die Kraft fehlt, es alleine zu schaffen.

Viele Mädchen kommen aus zerrütteten Familien oder fühlen sich zu Beginn der Pubertät von ihren Eltern und Freunden unverstanden. Das ist die Chance für den Loverboy, das Mädchen für sich zu gewinnen. Oft kommen dann schnell Drogen ins Spiel, um die Mädchen gefügig zu machen. Samantha wurde auch immer wieder gedroht, ihr kleiner Bruder könnte entführt werden, sollte sie nicht gehorchen. "Die Mädchen werden einer Gehirnwäsche unterzogen. Sie werden auf absoluten Gehorsam gedrillt. Sie müssen sogar fragen, wenn sie einen Schluck trinken möchten oder zur Toilette müssen", sagt Anita De Wit.

Mindestalter soll heraufgesetzt werden

Amsterdamer Rotlichtviertel 'De Wallen' (Foto: Svea Sobotka)
Auch die Stadt will jetzt Minderjährige schützenBild: Svea Sobotkaer

Auch die Stadt Amsterdam hat mittlerweile das Problem der illegalen Prostitution erkannt und will das Mindestalter für die Prostituierten erhöhen – auf 21 oder gar 23 Jahre. Denn sobald die Mädchen volljährig sind, haben bisher weder Anita de Wit noch die Eltern oder die Jugendbehörden eine rechtliche Handhabe, das Mädchen von den Zuhältern zu trennen. Das soll sich ändern.

Außerdem will die Stadt eine nächtliche Sperrstunde einführen und die Vermieter der Schaufenster im Rotlichtviertel strenger kontrollieren.

Autorin: Ruth Reichstein
Redaktion: Matthias von Hein, Gero Rueter