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Sorge um Geiseln

30. Juli 2007

Erpressen lässt sich die deutsche Bundesregierung nicht. Das hat sie am Montag wieder klargestellt. Der deutsche Krisenstab bemüht sich unterdessen weiter um die Freilassung des in Afghanistan verschleppten Deutschen.

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Foto: AP
Koreaner bangen in Seoul um die GeiselnBild: AP

"Es gilt unverändert, dass der deutsche Staat nicht erpressbar ist", sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg am Montag in Berlin. Zugleich gelte aber der Grundsatz, alles "Menschenmögliche und alles Verantwortbare" zu unternehmen, um das Leben der Entführungsopfer zu schützen.

Angeblicher Mord an weiterer Geisel

Unterdessen behaupteten die radikal-islamischen Taliban, am Montag eine weitere der 22 in Afghanistan verschleppten südkoreanischen Geiseln getötet zu haben. Taliban-
Sprecher Kari Jussif Ahmadi sagte, am Montagabend die Geisel sei erschossen worden. Es gab keine Möglichkeit,
Ahmadis Aussage zu überprüfen. Trotzdem wuchs mit der Verkündung des angeblichen Mordes der Druck auf die Regierung einzulenken. Die Forderung der Taliban: Acht Gesinnungsgenossen sollen aus der Haft entlassen werden. Genau das kann sich Präsident Hamid Karsai aber kaum erlauben, will er nicht sein eigenes Wort brechen.

Unbestätigte Behauptung

Der Wahrheitsgehalt von Ahmadis Aussage konnte zunächst nicht überprüft werden. Zuvor waren am Montag zwei Ultimaten der Rebellen abgelaufen. Die afghanische Regierungsdelegation, die mit den Geiselnehmern verhandelt, hatte sich noch zuversichtlich gezeigt, dass die Taliban die von Kabul erbetene Frist um zwei Tage verlängern würden. Ahmadi drohte weitere Erschießungen von Geiseln an.

Die Taliban fordern im Tausch gegen die festgehaltenen Südkoreaner nach eigenen Angaben die Freilassung von acht Rebellen aus afghanischer Haft. 23 Südkoreaner - Mitglieder einer Freikirche, die in Afghanistan medizinische Hilfe leisten wollten - waren am 19. Juli auf dem Weg von der Hauptstadt Kabul nach Kandahar im Süden des Landes verschleppt worden. Eine der Geiseln, ein Prediger, wurde später von den Entführern erschossen. Die Leiche der Geisel Bae Hyung Kyu wurde am Montag in die Heimat übergeführt.

Forderungen an Deutschland

In Afghanistan befindet sich seit mehr als eineinhalb Wochen ein deutscher Bauingenieur in der Gewalt von Kidnappern. Im Fall des noch verschleppten deutschen Ingenieurs gibt es nach ZDF-Informationen in Kabul inzwischen konkrete Forderungen der Entführer, deren Inhalt jedoch nicht bekannt sei. Die Entführer gehören demnach einer lokalen Organisation an, die den Taliban zugerechnet werden müsse. Eine zweite Geisel, ein 44 Jahre alter Bauingenieur, war während der Geiselhaft ums Leben gekommen. Sein Leichnam wurde nach Deutschland gebracht und obduziert. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen Ende dieser Woche vorliegen. Seit dem 6. Februar ist zudem im Irak ein deutscher Staatsbürger in der Hand von Geiselnehmern.

Regierungssprecher Steg betonte, der Grundsatz der "Nichterpressbarkeit" sei "die eindeutige Haltung aller deutschen Bundesregierungen gewesen". Neben dem Schutz der Opfer müsse auch der Schutz der nationalen Interessen berücksichtigt werden. Er verwies auf das Bundesverfassungsgerichts-Urteil von 1977 im Zusammenhang mit der Entführung und Ermordung von Arbeitgeber-Präsident Hanns Martin Schleyer durch Terroristen der Roten Armee Fraktion (RAF). Danach sei der Staat verpflichtet, jedes menschliche Leben zu schützen. Zugleich habe das Urteil aber sehr deutlich gemacht, dass das Verfassungsgericht der Regierung nicht vorschreiben könne, welche Maßnahmen in Entführungsfällen zu ergreifen seien. Lösegeldzahlungen bei zurückliegenden Entführungen wurden von offizieller Seite nie bestätigt. (chr)