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Vorwurf Korruption

5. Oktober 2007

Die Witwe und fünf Kinder des früheren chilenischen Machthabers Augusto Pinochet sind wegen Korruption angeklagt worden. Insgesamt wurden gegen 23 Angehörige und Mitarbeiter des Diktators Haftbefehle erlassen.

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Jacqueline Pinochet wird in einem Polizeiwagen zur Wache gebracht, Quelle: AP
Jacqueline Pinochet wird in einem Polizeiwagen zur Wache gebrachtBild: AP
Pinochet (vorne rechts) im Kreis seiner Familie, Quelle: AP
Pinochet (vorne rechts) im Kreis seiner Familie (Archivbild)Bild: AP

Die Witwe und fünf Kinder von Ex-Diktator Augusto Pinochet sind in Chile wegen Korruptionsverdachts verhaftet worden. Ein Richter erließ am Donnerstag (04.10.2007) insgesamt 23 Haftbefehle in einem Korruptionsverfahren gegen die Familie und Vertraute Pionochets. Allen Angeklagten werde Korruption und illegale Bereicherung zur Last gelegt, hieß es.

27 Millionen Dollar veruntreut?

In der Anklage geht es um die so genannte "Riggs-Affäre". Pinochet, seine Angehörigen und engste Mitarbeiter sollen von der Veruntreuung von Staatsgeldern in Höhe von 27 Millionen US-Dollar (heute etwa 19 Millionen Euro) profitiert haben, die auf geheimen Konten der Washingtoner Bank Riggs und anderer Institutionen deponiert waren.

Augusto Pinochet 1998, Quelle: AP
Augusto Pinochet 1998Bild: AP

"Dies ist ein Land, in dem niemand über der Justiz steht", sagte Präsidentin Michelle Bachelet. Es bestehe die "begründete Annahme", dass die Verdächtigen an der Unterschlagung von Millionen Dollar öffentlicher Gelder mitgewirkt hätten, sagte Richter Carlos Cerda. Neben den Haftbefehlen gegen die Witwe und die fünf Kinder Pinochets erließ Cerda weitere 17 gegen ehemalige Berater und enge Mitarbeiter Pinochets, unter ihnen seine Sekretärin, sein Sprecher und sein Anwalt.

Die illegalen Geldtransfers fanden den Ermittlungen zufolge zwischen 1980 und 2004 statt. Der Skandal flog 2004 auf, als Nachforschungen des US-Senats mehrere hundert Konten auf den Namen Pinochets und seiner Verwandten bei Riggs und anderen US-Banken ans Tageslicht brachten.

Keine Sonderbehandlung

Nach Angaben von Polizeisprechern leistete keiner der Verhafteten Widerstand. Einige hätten sich nach Bekanntgabe der Haftbefehle sogar freiwillig gestellt, darunter auch Pinochet-Witwe Lucia Hiriart. Die Regierung in Santiago teilte unterdessen mit, es werde für die Verhafteten keine Sonderbehandlung oder spezielle Maßnahmen geben. "Wir Chilenen sind vor dem Gesetz alle gleich", betonte Justizminister Carlos Maldonado. Anwälte der Pinochet-Familie meinten, man werde eine Annullierung der Haftbefehle erreichen.

Pinochet-Anhänger protestieren gegen die Festnahmen, Quelle: AP
Pinochet-Anhänger protestieren gegen die FestnahmenBild: AP

Die beiden Söhne Pinochets, Augusto und Marco Antonio, wurden noch am Donnerstag ins Gefängnis der chilenischen Hauptstadt Santiago 1 gebracht. Die drei Töchter, Lucia, Maria-Veronica und Jacqueline kamen ins Frauengefängnis der Stadt. Die Witwe Pinochets, die 87-jährige Lucia Hiriart, entging durch eine Einweisung ins Militärkrankenhaus dem für sie angeordneten Hausarrest. Ihr Anwalt teilte am Abend mit, seine Mandantin habe einen "arteriellen Unfall" erlitten. Er beantragte ein Haft-Prüfungsverfahren für seine Mandantin.

Pinochet regierte Chile von 1973 bis 1990 mit harter Hand und starb im Dezember vergangenen Jahres im Alter von 91 Jahren an einem Herzinfarkt. Zu der Zeit stand er unter Hausarrest. Durch seinen Tod entging er jahrelangen Bemühungen der Justiz, ihn für die unter seiner Herrschaft begangenen Misshandlungen und Morde an tausenden Menschen zur Verantwortung zu ziehen. (stu)