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Merkel am Ziel

28. Oktober 2009

Nach einer Blitzkarriere hat Angela Merkel vor vier Jahren das Kanzleramt erobert. Nun kann sie in ihrer Wunsch-Konstellation weiterregieren: Gemeinsam mit den Liberalen.

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Porträt Angela Merkel, lächelnd
Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Unterzeichnen des Koalitionsvertrages mit der FDPBild: AP

Was zählt es an einem Tag wie diesem noch, dass Angela Merkel noch nie einen rauschenden Wahlsieg eingefahren hat? Dass die CDU/CSU mit ihr als Spitzenkandidatin schon vor vier Jahren eines ihrer schlechtesten Wahlergebnisse erzielt hatte und es bei dieser Bundestagswahl noch unterboten hat? Vor vier Jahren hatte es nicht mal zur angestrebten Koalition mit den Liberalen gereicht, gerade noch zu einem hauchdünnen Vorsprung vor den Sozialdemokraten. Nur in einer Koalition mit ihnen konnte Angela Merkel überhaupt Bundeskanzlerin werden.

Jetzt hat sie das Bündnis, das sie wollte

Merkel und Westerwelle stehen lachend vor einem Fenster
Bundeskanzlerin Angela Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle während der KoalitionsverhandlungenBild: picture alliance/dpa

Nun, bei der Wahl am 27. September, stürzte die SPD ab, und die Liberalen unter Guido Westerwelle legten derart zu, dass es gemeinsam zur Mehrheit im Bundestag reicht. Nur das zählt an diesem Tag, am 28. Oktober 2009, an dem Angela Merkels zweite Amtszeit als Bundeskanzlerin beginnt, getragen von der Koalition, die sie immer gewollt hatte. "Wir haben lange dafür gearbeitet, eine solche Koalition zu schmieden", hat Merkel zwei Tage zuvor gesagt, bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages, "und das sollte uns auch an den Tagen tragen, an denen es einmal ein bisschen schwieriger wird."

Angela Merkel kennt solche Tage aus der vorangegangenen Koalition mit der SPD. Manch unpopuläre Maßnahme, angefangen mit einer deutlichen Erhöhung der Verbrauchssteuern, galt es damals durchzusetzen. Dennoch gelang Angela Merkel, was vor ihr noch kaum ein Kanzler schaffte: Sie stieg zur beliebtesten Politikerin auf.

Aufstieg zur populärsten Politikerin

Wesentlichen Anteil daran hatte Merkels Auftreten auf dem internationalen Parkett. Es war Glück, dass gleich ins zweite Jahr ihrer Kanzlerschaft der Vorsitz der G8-Gruppe führender Industrienationen fiel sowie die Präsidentschaft der Europäischen Union. Aber es war Können, was sie daraus machte. Die EU-Präsidentschaft begann unter schwierigsten Voraussetzungen. Die Iren hatten in einer Volksabstimmung den EU-Verfassungsvertrag abgelehnt, die Politik war in Schockstarre. Doch unter Merkels Führung erarbeitete die EU einen Alternativplan, der in den Lissabon-Vertrag mündete.

Zu Merkels bemerkenswerter Popularität trugen aber auch Erfolge im Inneren bei. Die Arbeitslosigkeit ging um fast zwei Millionen zurück, die öffentlichen Kassen in Deutschland erwirtschafteten 2007 erstmals seit Jahrzehnten einen Überschuss.

Die Wähler spürten die Krise kaum

Doch dann schlug die weltweite Finanzkrise mit voller Wucht zu, ein Banken-Crash gigantischen Ausmaßes drohte. Mit einer staatlichen Garantie für private Spareinlagen, einem viele Milliarden Euro schweren Bankenrettungspaket sowie zwei Konjunkturprogrammen hielt die Regierung Merkel dagegen. Diese Maßnahmen trugen dazu bei, dass die Krise bis zum Wahltag für die meisten Wähler kaum spürbar wurde. Und so kann Angela Merkel nun in der seit langem angestrebten Konstellation weiterregieren. Ein Ziel ist erreicht auf einem Lebensweg, auf dem das überhaupt nicht vorgezeichnet war.

Am Ziel einer ungewöhnlichen Karriere

Merkel sitzt neben Helmut Kohl
Helmut Kohl hat Angela Merkel einst gefördertBild: dpa

Angela Merkel, Naturwissenschaftlerin in der DDR, war überhaupt nur zur Politik gekommen, weil sie einen Computer bedienen konnte, den eine Oppositionsgruppe in der Umbruchzeit aus dem Westen geschenkt bekommen hatte. Auf ihm verfasste sie auch Pressemeldungen, und nach den ersten freien Wahlen in der DDR war sie schon Regierungssprecherin. Christdemokratin wurde sie dann mehr zufällig, weil sich ihre Gruppierung der CDU anschloss.

Nach der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl Ende 1990 ließ sich Helmut Kohl die Nachwuchspolitikerin empfehlen und machte sie zur Ministerin für Frauen und Jugend. Mit Geschick, Glück und auch Mut zur rechten Zeit arbeitete sich Angela Merkel erst an die Spitze ihrer Partei, dann, Ende 2005, ins Kanzleramt. Dort kann sie nun weitere vier Jahre bleiben.

Autor: Peter Stützle

Redaktion: Dеnnis Stute