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Angriff auf Friedensbemühungen

Bettina Marx, zurzeit Tel Aviv13. Dezember 2004

Die Spirale von Gewalt und Gegengewalt in Nahost geht in eine neue Runde. Einen Angriff auf israelische Soldaten beantwortete Israels Militär in der Nacht zum Montag (13.12.) mit Raketen-Angriffen auf Gaza-Stadt.

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Sieben Menschenleben forderte der jüngste Anschlag radikaler PalästinenserBild: AP

Es waren anderthalb Tonnen Sprengstoff, die am Sonntagabend unter der israelischen Militärbasis im südlichen Gazastreifen an der Grenze zu Ägypten explodierten. Den hunderte Meter langen Tunnel, den die palästinensischen Angreifer benutzten, hatten sie in wochenlanger Arbeit unbemerkt von der israelischen Armee gegraben. Sieben Menschen starben durch die Explosion. Es war der schwerste Anschlag seit dem Tod Jassir Arafats - und es war gleichzeitig ein harter Schlag für den neu aufgekeimten Friedensdialog in dieser Region.

Die palästinensischen Extremisten lösten hintereinander zwei Explosionen aus und eröffneten anschließend das Feuer auf den Armeeposten. Nach jüngsten Berichten wurden dabei fünf israelische Soldaten getötet, zahlreiche weitere zum Teil schwer verletzt. Israelische Soldaten töteten zwei Palästinenser. Nach palästinensischen Angaben wurde der Stützpunkt fast vollständig zerstört.

"Vergeltung für die Ermordung von Arafat"

Arafat Plakat vor dem Krankenhaus bei Paris
Arafats Todesursache ist bis heute ungeklärtBild: AP

Es war der schwerste Angriff auf eine israelische Stellung im besetzten Gazastreifen seit dem Tod von Jassir Arafat vor einem Monat. Die radikal-islamische Hamas-Bewegung und eine kleine Splittergruppe der Fatah übernahmen die Verantwortung für den Angriff, der eine Vergeltung für die Ermordung von Jassir Arafat sei.

Arafat war am 11. November in einem französischen Krankenhaus gestorben. Die Todesursache wurde bislang nicht aufgeklärt. Viele Palästinenser glauben, dass Israel den Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde vergiftet hat. Die palästinensische Führung hat sich diese Meinung nicht zu Eigen gemacht. Arafats Neffe Nasser el-Kidwa, der in seiner Funktion als Vertreter der Palästinenser bei den Vereinten Nationen am Samstag Arafats Krankenakte nach Ramallah gebracht hatte, sagte: Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, was zu Arafats Tod geführt hatte.

Israel vergilt den Vergeltungsschlag mit Angriffen

Gab es vor dem Anschlag am Sonntag noch Gerüchte um eine Wiederaufnahme des israelisch-palästinensischen Dialogs, reagierte Israel nun erneut mit militärischer Härte: Israelische Kampfhubschrauber griffen in der Nacht zum Montag Ziele in Gaza-Stadt an. Sie feuerten mehrere Raketen auf Metallwerkstätten ab, in denen nach Angaben der israelischen Armee Raketen und Granaten hergestellt wurden. Nach palästinensischen Angaben wurde niemand verletzt. Es seien jedoch schwere Sachschäden entstanden. Die beiden Helikopter vom Typ Apache hätten mindestens sechs Raketen abgefeuert.

Israelische Soldaten erschossen außerdem in Nablus im nördlichen Westjordanland einen gesuchten Palästinenser. Israelische Medien berichteten, die Soldaten hätten ein Gebäude umstellt, in dem der Mann sich versteckt hielt.

Palästinensische Gefangene kommen trotzdem frei

Trotz des schweren Zwischenfalls im Gazastreifen gibt es in Jerusalem offenbar keine Pläne, die vorgesehene Freilassung palästinensischer Gefangener zu streichen. So hat das israelische Kabinett seinen nur wenige Stunden vor dem Anschlag getroffenen Entschluss, die Haftstrafen von Dutzenden Gefangenen zu verkürzen, bislang nicht zurückgenommen. Israel hatte dem ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak zugesagt, als Zeichen des guten Willens vor der palästinensischen Präsidentschaftswahl zwischen 100 und 200 palästinensische Gefangene freizulassen. Die Palästinenser fordern dagegen die Freilassung aller rund 6000 Gefangenen, die Israel in den vergangenen vier Jahren während seiner Militäroperationen in den palästinensischen Gebieten festgenommen hat. Viele von ihnen sind ohne Prozess und Urteil inhaftiert.

Barguti will doch nicht Nachfolger Arafats werden

Marwan Barghuti will Arafat beerben
Marwan Barguti lenkt ein im Streit um Nachfolge ArafatsBild: AP

Unterdessen hat der in Israel inhaftierte Fatah-Führer Marwan Barguti angekündigt, dass er nicht bei der für Januar 2005 geplanten Präsidentenwahl kandidieren werde. In Ramallah verlasen seine Frau und sein Berater am Sonntag (12.12.) einen Brief Bargutis, in dem er die palästinensische Führung scharf kritisiert und demokratische Reformen fordert. Gleichzeitig kündigte er an, dass er den Kandidaten der Fatah, Mahmud Abbas, unterstützen werde. Der vor allem bei jungen Palästinensern sehr beliebte Barguti wurde von einem israelischen Gericht wegen Beteiligung an terroristischen Taten zu fünffacher lebenslänglicher Haft verurteilt.