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Was löst den Grusel aus?

Larissa Warneck
14. Dezember 2017

Manchmal fürchten wir uns vor Poltergeistern oder dem Pfeifen des Windes, obwohl wir wissen das eigentlich völlig irrational ist - aber woher kommt das gruselige Gefühl?

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Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Die Nacht ist kalt und feucht. Der Wind heult um das Gebäude, schwere Regentropfen trommeln an die Fenster. Drinnen ist es warm und trocken. Flackernder Kerzenschein erfüllt den Raum mit weichem Licht. Der Fernseher zeigt bunte, schnelle Bilder, während der Nachrichtensprecher leise die Schlagzeilen vorträgt. Du nippst an deinem Wein, dein Blick ist auf den Bildschirm gerichtet. Plötzlich schnellt dein Kopf herum. Aus dem Augenwinkel hast du eine Bewegung gesehen.  Doch es ist niemand da. Und wie auch? Schließlich bist du doch allein.

Es ist ein Phänomen, das bestimmt schon bei jedem von uns vorgekommen ist. Aber wieso passiert das? Ist vielleicht doch jemand da? Oder spielt unser Gehirn uns einen bösen Streich? Parapsychologie, die wissenschaftliche Forschung des Paranormalen oder Übernatürlichen, sucht nach den Antworten auf diese Fragen und versucht sie auf psychologischer und neurologischer Basis zu beantworten.

Erforschung des Paranormalen

"Parapsychologen untersuchen üblicherweise drei Fachgebiete", erklärt Dr. Ciaran O'Keeffe, Leiter der Psychologie an der Buckinghamshire New University in England. Er spezialisiert sich auf Parapsychologie und forensische und investigative Psychologie.

"Das erste Fachgebiet nennt sich die außersinnliche Wahrnehmung. Das ist ein Überbegriff, bei dem es um Fähigkeiten, wie Telepathie, Präkognition und Hellsehen geht. Zweitens, die Psychokinese. Hierbei untersucht man den Einfluss, den der menschliche Geist auf ein Objekt haben kann: ein Löffel biegt sich ohne, dass er berührt wird. Das dritte Fachgebiet umfasst die Kommunikation mit den Toten, Poltergeistern und Spuk."

Geister Aliens Erscheinungen
Geister entstehen zuallererst in der eigenen PhantasieBild: Colourbox

Mit der Parapsychologie lässt sich auch erklären, warum du aus dem Augenwinkel diese unerklärliche Bewegung gesehen hast. Obwohl es vielleicht mehrere Erklärungen dafür gibt, ist die neurowissenschaftliche wohl die am wenigsten unheimliche: Unser peripheres Blickfeld wird nämlich durch sogenannte Stäbchenzellen gebildet, die eine viel geringere Auflösung haben als die Zapfenzellen in unserem zentralen Blickfeld.

Eine plötzliche Bewegung

"Wenn wir denken, dass wir aus dem Augenwinkel eine Bewegung gesehen haben, dann besteht diese normalerweise aus einer undefinierbaren Form in schwarz oder weiß. Unsere Stäbchenzellen können nämlich keine Farben wahrnehmen", erklärt O'Keeffe. "Kommt es zu einer Interpretation der Erscheinung, so versucht unser Gehirn die 'Lücken zu füllen'. Das nennt sich visuelle Substitution. Im Endeffekt versucht das Gehirn eine rationale Erklärung für etwas zu finden, das wir gesehen oder auch nicht gesehen haben. Und diese 'rationale' Erklärung kann auch ein Geist sein".

Was auch immer der Grund sein mag: Dieser kurze Moment, in dem du dachtest, dass eine andere Person im Raum ist, hat gereicht um deinen Körper in Alarmbereitschaft zu versetzten. Du atmest schwer, dein Herz rast und der Wein in deinem Glas vibriert im Takt mit deiner zitternden Hand. Während manche Menschen diese Art von Erfahrung hassen, mögen andere das Gefühl sich zu gruseln.

Warum manche sich gerne gruseln und andere nicht

Das  liegt an verschiedenen Neurotransmittern in unserem Gehirn, die für unsere fundamentale Flucht- oder Kampfreaktion zuständig sind. Zu diesen Neurotransmittern gehört auch Dopamin. Es spielt in verschiedenen Emotionen, wie zum Beispiel Aufregung und Freude, eine große Rolle. Außerdem kontrolliert es das Belohnungssystem in unserem Gehirn, was auch erklärt, weshalb sich manche Menschen so gerne fürchten.

"Die Dopaminausschüttung im Gehirn ist bei jedem Menschen unterschiedlich und das ist auch der Grund weshalb manche Menschen gruselige Abenteuer lieben und andere sich vollkommen terrorisiert vorkommen", sagt O'Keeffe. "Dazu gibt es auch einen sehr komplizierten psychologischen Faktor, bei dem es eine Verbindung zu frühen negativen Erfahrungen mit Geisterhäusern und Horrorfilmen gibt".

Ukraine verlassene Dörfer bei Tschernobyl Geisterdorf
Gruselig oder morbid-romantisch? Ein verlassenes Geisterhaus bei TschernobylBild: DW/J. Thurau

Geisterhäuser lassen uns erschaudern

Dunkle und verlassene Gebäude werden seit Jahrzehnten benutzt, um den Gruselfaktor von Horrorfilmen und Krimis zu schüren. Auf der einen Seite faszinieren sie uns, auf der anderen lassen sie uns erschauern.

Das hat einen evolutionären Hintergrund, sagen viele Psychologen. Denn es ist durchaus sinnvoll, Situationen und Plätze zu meiden, die uns in Gefahr bringen oder uns schwächen könnten. Immerhin, könnte ja jemand im dunklen Flur auf uns lauern und das nahezu lautlose Knarren der Dielen und das leichte Flattern des Vorhangs könnten auf ein anderes Lebewesen hindeuten. Unser Körper reagiert mit einer erhöhten Erregung und Wachsamkeit damit wir im wesentlichen Moment fliehen oder kämpfen können.

Und weil der Mensch kreative Gedanken hat, erwartet er auch nicht einfach nur ganz alltägliche Lebewesen, meint O'Keeffe: "Ich glaube das hat etwas damit zu tun, das wir mit unserer Fantasie durchgehen. An diesem dunklen, verlassenen Ort könnte ja der entsetzlichste Dämon auf uns warten, um uns im nächsten Moment zu überfallen. Zumindest lässt uns unsere Fantasie daran glauben."

Das Gefühl einer Präsenz

Unsere Fantasie spielt auch eine große Rolle, wenn es darum geht eine Präsenz zu spüren. Auch hier kann es eine Vielzahl von Erklärungen geben, doch psychologische und umgebungsbedingte Faktoren sind hier höchstwahrscheinlich die Hauptursache.

"Die Macht der Andeutung reicht um jemanden eine Präsenz spüren zu lassen. Zum Beispiel, kann man jemandem sagen, dass es in einem Gebäude spukt. Jede natürliche Vorkommnis wird daraufhin fehlinterpretiert und mit etwas übernatürlichem erklärt," sagt O'Keeffe. "Eine Andeutung zusammen mit der Fantasie und dem Glauben an Geistern, ist eine starke Kombination um jemanden eine Präsenz fühlen zu lassen, auch wenn eigentlich nichts da ist".