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Anlauf für den großen Wurf?

1. März 2002

Der Ruf der EU in Brüssel ist nicht der Beste - vor allem was die eigene Reformfähigkeit betrifft. Ein Konvent soll dem jetzt Abhilfe leisten.

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Am 17.12.2001 wurde im belgischen Laeken der EU-Reform-Konvent beschlossenBild: AP

Mehr als hundert Frauen und Männer sind beauftragt, ein richtungsweisendes Konzept für Europa zu erarbeiten. Die Parlamentarier sollen darlegen, wie die Europäische Union auch mit immer mehr Staaten funktionieren kann - nicht hinter verschlossenen Türen, sondern in aller Öffentlichkeit.

Wenn es diesmal nicht gelingt, ist sich Elmar Brok sicher, dann werde es keine weitere Vertiefung für die europäische Einigung geben: "Das ist unser letzter Schuss." Der Europa-Abgeordnete aus Bielefeld spricht von jenem Konvent, auf dem die Reform der Europäischen Union eine neue Dimension bekommen soll.

Machtkampf um Reformen

Als Gremium kommt der Konvent gemessen an früheren Reformprojekten in Europa einer Revolution gleich. Bislang fand die Debatte über historische Veränderungen auf Regierungskonferenzen statt, unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der Parlamente. Besiegelt wurden Reformen dann von den Staats- und Regierungschefs persönlich, meist am Ende nächtelanger Sitzungen.

Das Ergebnis konnte sich zuletzt kaum mehr sehen lassen: Der Gipfel von Amsterdam 1997 ließ die größten Streitthemen ganz ausgeklammert. In Nizza im Dezember 2000, wo diese "Überbleibsel" beseitigt werden sollten, gelang den Chefs kaum noch eine wirklich tiefgreifende Entscheidung. Sie mussten eingestehen, es wieder nicht geschafft zu haben. Ein Jahr später, beim Gipfel im Brüsseler Vorort Laeken, wurde der Konvent beschlossen.

Das Spannende an der Konvent-Methode, mit der bereits die EU-Grundrechtecharta erarbeitet wurde, sind die Macht-Verhältnisse innerhalb des Gremiums. Parlamentarier stellen etwa zwei Drittel aller Mitglieder; die Regierungen sind in der Minderheit und machen sich damit erstmals nicht allein an die Reformarbeit.

Die Arithmetik darf aber nicht täuschen: Was hinterher in den EU-Verträgen steht, kann der Konvent nur vorschlagen. Entscheiden werden die Regierungen, und zwar wieder allein. Erfahrene EU-Politiker wie der deutsche Europa-Abgeordnete Klaus Hänsch setzen aber darauf, dass der Konvent so viel Überzeugungskraft entwickelt, dass die Regierungen sich nicht über die Vorschläge hinwegsetzen können. (kas)