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Anpfiff zum Abpfiff?

10. April 2002

Kaum hatten die privaten Fernsehsender das Geschäft mit Fußball, Tennis und Formel I entdeckt, avancierten "Die Drei" zum begehrtesten Gut auf dem Sportrechtemarkt. Fußball und Fernsehgelder - wohin geht die Entwicklung?

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Profifußballer sind uns lieb und teuerBild: AP

Seit dem 28. Juli 1962 müssen die Frauen samstags auf ihre Männer verzichten - an diesem Tag wurde erstmals die Fußball-Bundesliga im Fernsehen angepfiffen. 1965 ging die Sportschau auf Sendung. Nach und nach entwickelte sich dann ein spezielles Samstags-Ritual: Einkaufen, Autowaschen und Sportschau gucken. Für die Übertragung in der Sendung zwischen 18.00 und 19.00 Uhr zahlte die ARD damals 647.000 Mark.

Preiskarussell für Übertragungsrechte

Rodolfo Placente und Michael Ballack, Fußball Bayer Leverkusen gegen La Coruna
Bild: AP

ARD und ZDF hatten 1978 für die Exklusivrechte an der 1.Liga noch 18 Millionen Mark für zehn Spielzeiten gezahlt. Nach dem Start des Privatfernsehens Ende der 1980er Jahre verkaufte der DFB die exklusiven Übertragungsrechte für drei Spielzeiten an die Bertelsmann-Tochter UFA für mehr als 150 Millionen Mark. Das Eis war gebrochen: Nach und nach kletterten die Lizenzsummen in exorbitante Höhen. Zuletzt hatte die Kirch-Gruppe 750 Millionen Mark an die Bundeligavereine überwiesen - für eine Spielzeit, wohlgemerkt.

Kirch als Alleineigner

Der Kirch-Sender SAT 1 hält sie für den Bereich Free-TV, der Sender Premiere für das Bezahlfernsehen. ARD und ZDF sind mittlerweile nur noch Drittverwerter mit eingeschränkten Senderechten. Live zu sehen sind die Spiele ohnehin nur im Pay-TV. Womit Kirch offenbar nicht gerechnet hatte: Außer den hartgesottenen Fußballfans war kaum jemand bereit, einen Decoder zu kaufen und monatliche Abo-Gebühren zu zahlen. Die Mehrheit der Fans wartet auf den Abpfiff und die Zusammenfassungen im Free-TV.

Fußball am Fernsehtropf

Fussball
Bild: AP

Man kann den Fußball drehen und wenden wie man will - er hängt am Fernsehtropf. Die kleineren Fußballvereine bestreiten bis zu 70 Prozent ihres Jahresetats aus den Übertragungsrechten. Die "Großen" der Branche haben die direkten wirtschaftlichen Auswirkungen aus der Insolvenz der KirchMedia AG weit weniger zu fürchten. Vielmehr geht es ihnen um den schwer zu reparierenden Image-Schaden für den deutschen Fußball.

"Wir dürfen nicht in Hektik verfallen", forderte Karl-Heinz
Rummenigge, Vorstandschef von Branchenführer Bayern München zur Besonnenheit und zur sachlichen Diskussion auf. "Das Wichtigste scheint gewährleistet: Dass die letzte Rate am 15. Mai von Kirch bezahlt wird", betonte er. Mit den 100 Millionen Euro wäre gewährleistet, dass die 2. Liga und sechs, sieben kleine Erstligisten nicht in einen Liquiditätsengpass kommen.

"Keine Steuergelder für Millionäre!"

Enorm gestiegene Gehälter und Ablösesummen sind kein rein deutsches, sondern ein internationales Problem. "Vielleicht setzt man sich jetzt international zusammen und versucht, das Ganze zu regenerieren", sagte Bayern-Präsident Franz Beckenbauer. In der Insolvenz von Kirch sieht er auch eine Chance, das ganze System zu überdenken. Ex-Nationalspieler Dieter Hoeneß geht noch weiter. "Auch in den Top-Clubs gibt es auch Sekretärinnen, den Portier und den Zeugwart. Jede Mark Steuergelder an einen Millionär wäre eine Mark zu viel." (Karin Jäger/arn)