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Anschläge auf Moscheen im Irak

28. Februar 2006

Bei Anschlägen auf Moscheen und weitere Ziele sind im Irak zahlreiche Menschen gestorben. Seit vergangene Woche Ausschreitungen zwischen den Religionsgruppen ausbrachen, kamen allein in Bagdad 250 Menschen ums Leben.

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Soldaten inspizieren eine zerstörte Moschee in BagdadBild: AP

Bei drei nahezu zeitgleichen Autobombenanschlägen in schiitischen Stadtteilen von Bagdad starben am Dienstag (28.2.2006) mindestens 27 Menschen. Mehr als hundert weitere Menschen seien verletzt worden, als die Sprengsätze explodierten, teilten Sicherheitskräfte und Ärzte mit.

Im Osten der Stadt sprengte sich zudem ein Selbstmordattentäter an einer Tankstelle mit einem Sprengstoffgürtel in die Luft, in der Innenstadt in der Nähe des Nationaltheaters schlugen Granaten ein. Im Nordirak wurde am Dienstag ein Bombenanschlag auf die Moschee mit dem Grab von Saddam Husseins Vater verübt. Wie die Polizei mitteilte, wurde dabei die Kuppel der Hussein-al-Madschid-Moschee beschädigt, auch Türen und Fenster wurden aus den Angeln gerissen. Opfer habe es aber nicht gegeben.

Leichen gefunden

Saddam Hussein Prozess in Bagdad fortgesetzt
Der Prozess gegen Saddam Hussein wurde fortgesetztBild: dpa-bildfunk

Das zentrale Leichenschauhaus in Bagdad erklärte, seit Mittwoch vergangener Woche seien 249 Tote eingeliefert worden. Vor einer Woche war ein Heiligtum der Schiiten bei einem Bombenanschlag zerstört worden, was schwere Unruhen im Irak ausgelöst und zu Vergeltungsanschlägen auf sunnitische Moscheen geführt hatte. Schiiten hatten Anhänger des gestürzten Staatschefs Saddam Hussein und der vornehmlich sunnitischen Aufständischen für den Anschlag auf ihre Moschee verantwortlich gemacht.

Zehn Menschen wurden am Dienstag unter dem Verdacht der direkten Beteiligung an dem Anschlag auf die Goldene Moschee festgenommen. Wie der nationale Sicherheitsberater Muaffak el Rubaie mitteilte, waren unter den Festgenommenen auch vier zur Bewachung des schiitischen Heiligtums abgestellte Polizisten. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass "mit Sicherheit" der irakische Ableger des El-Kaida-Netzwerks von Osama bin Laden hinter dem Attentat stecke.

Südöstlich von Bagdad wurden neun mit Schusswunden übersäte Leichen gefunden, wie die Behörden am Dienstag mitteilten. Unter den Opfern seien auch Scheich Hamid Irbat Ghasi, ein Führer des einflussreichen sunnitischen Mahamdeh-Stammes, und zwei seiner Neffen. Irakische Soldaten hatten die Toten in der Nähe von zwei ausgebrannten Minibussen an der Straße von Bagdad in die Provinz Dijala gefunden, wo es zuletzt zahlreiche Unruhen gab.

Wiederaufbau vernachlässigt

In Amara, 290 Kilometer südöstlich von Bagdad, wurden nach Angaben des Verteidigungsministeriums in London zwei britische Soldaten getötet. Anwohner berichteten, der Sprengsatz sei am Straßenrand deponiert worden. Die US-Streitkräfte erklärten, ein US-Soldat sei am Montag westlich von Bagdad erschossen worden.

Nach einem Regierungsbericht haben die USA bei der Planung des Irak-Kriegs den Wiederaufbau des Landes vernachlässigt. Deswegen hätten in der ersten Zeit der Besetzung Fachkräfte gefehlt, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Bericht der Sonderinspektion für den Wiederaufbau des Iraks. Er empfiehlt den Aufbau eines zivilen Reservekorps. Drei Jahre nach dem Sturz von Saddam Hussein haben die amerikanischen Steuerzahler rund 30 Milliarden Dollar (23 Milliarden Euro) für den Wiederaufbau des Iraks aufgebracht, doch gibt es dort weiter keine zuverlässige Strom- und Wasserversorgung. In dem Bericht heißt es, bei den Planungen sei davon ausgegangen worden, "dass der irakische Beamtenapparat nach dem Ende der Kämpfe an die Arbeit zurückkehren werde".

"Terrorgefahr durch Irak-Krieg gestiegen"

Einer neuen Umfrage zufolge glaubt die Mehrheit der Weltbevölkerung, dass die Wahrscheinlichkeit von weltweiten Terroranschlägen durch den Irak-Krieg gestiegen ist. Wie das Meinungsforschungsinstitut GlobeScan am Dienstag bekannt gab, halten 60 Prozent der fast 42.000 Befragten aus 35 Ländern Anschläge heutzutage für wahrscheinlicher als vor der US-geführten Invasion in den Irak. Lediglich zwölf Prozent der im Auftrag der britischen Rundfunkanstalt BBC Befragten glauben, dass es weniger Anschläge geben könnte.

Saddam-Prozess fortgesetzt

Der Prozess gegen Saddam Hussein und sieben Mitangeklagte ist am Dienstag mit mehrstündiger Verzögerung fortgesetzt worden. Alle acht Angeklagten nahmen zunächst kommentarlos auf der Anklagebank Platz. Nach Angaben des Vorsitzenden Richters Rauf Raschid Abdel Rahman lehnte das Gericht den Antrag der Verteidigung auf seine Absetzung und eine Verschiebung der Sitzung ab. Die entsprechenden Forderungen waren von Saddam Husseins Anwalt Chalil Dulaimi erhoben worden. Zwei Anwälte verließen den Gerichtssaal und wurden durch Pflichtverteidiger ersetzt, woraufhin sich Saddam Husseins Halbbruder Barsan el Tikriti beschwerte.

Die acht Angeklagten müssen sich seit Mitte Oktober 2005 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantworten. Dabei geht es um ein Massaker an 148 Bewohnern der Ortschaft Dudschail im Jahr 1982. Ihnen droht die Todesstrafe. Der Prozess vor dem irakischen Sondergericht in Bagdad hat mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Verteidiger Saddams boykottieren das Verfahren, Saddam und seine Mitangeklagten haben sich wiederholt lautstark in Szene gesetzt und Richter wie Zeugen beschimpft und internationale Rechtsexperten haben Zweifel daran geäußert, ob der Prozess internationalen Standards genügt. (stu)