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Anzahl der Schulen in Weißrussland wird verringert

24. August 2006

Da die Zahl der Kinder zurückgeht, werden in Weißrussland immer mehr Schulen geschlossen. Betroffen sind vor allem Schulen auf dem Land, in denen auf weißrussisch unterrichtet wird.

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Mit jedem Jahr sinkt die Möglichkeit für die weißrussischen Kinder, in ihrer Muttersprache unterrichtet zu werden.Bild: dpa

Auch in diesem neuen Schuljahr werden in Weißrussland 90 Schulen geschlossen. Das Bildungsministerium begründet dies mit der demographischen Krise auf dem Lande. Bis zum Jahr 2010 wird die Schülerzahl um mehr als 257.000 Kinder zurückgehen. Entsprechend der Pläne des Ministeriums müssen deshalb in diesem Zeitraum 444 ländliche Schulen geschlossen werden.

Einschulung ab dem 5. Lebensjahr

Infolge der demographischen Krise traf das Bildungsministerium in diesem Jahr eine bislang einzigartige Entscheidung: der Schülermangel wird durch Masseneinschulung von fünfjährigen Kindern kompensiert. Auf der Pressekonferenz zum Schuljahresanfang erklärte der stellvertretende Bildungsminister Kasimir Farino die Entscheidung damit, dass viele Eltern ihre Kinder früher einschulen wollten. "Das Ministerium hat deshalb entschieden, diesen Kindern zu erlauben, in die Schule zu gehen", sagte Kasimir Farino.

Aufgrund von Umstrukturierungen des Bildungssystems werden in Weißrussland schon seit einiger Zeit jedes Jahr rund 100 Schulen geschlossen, in erste Linie auf dem Land. Den Beamten des Bildungsministerium zufolge, investiert man die frei werdenden Finanzmittel in neue Schulbusse und die Ausstattung der übrigen Schulen.

Kilometerlange Schulwege

Doch für Kinder und Eltern hat die Schließung von Schulen drastische Konsequenzen: Der Schulweg wird erheblich länger. Ein Beispiel ist die Mittelschule des Minsker Bezirkes Treskovtschina, die auch Kinder aus acht umliegenden Dörfern besucht hatten. Die Schule wurde vor drei Jahren von den lokalen Behörden geschlossen, obwohl dort 112 Schüler gezählt wurden. Die meisten Kinder sollten nach der Schließung Schulen besuchen, die 15 Kilometer von ihrem Heimatort entfernt liegen. Die Eltern weigerten sich rundweg, Anträge auf die Versetzung der Kinder in andere Schule zu stellen. Sie bestanden darauf, dass die lokalen Behörden das Geld zur Renovierung der Schule bewilligten. Rund 340 Millionen weißrussischer Rubel bzw. 127.000 Euro wären nötig gewesen, um das Gebäude zu renovieren. Doch das Budget der Kommune, so hieß es, ließe dies nicht zu. Als die empörten Eltern im Bildungsministerium klagten, erklärte man dort, die Schüler würden andere Schulen besuchen, bis die alte Schule renoviert sei. Die Renovierung werde zwei Jahre dauern.

Das Schloss an den Türen der Schule in Treskovtschina hängt aber bis heute. "Wir erhielten einen Schulbus, der oft entweder zu spät kommt, oder überhaupt nicht; die Kinder werden dann von vorbeifahrenden Autos in die Schule mitgenommen oder sie gehen zu Fuß auf der belebten Autostraße. Wie kann man unter solchen Bedingungen von den Kindern gute Noten fordern?" - sagt die Mutter eines Schülers einem Korrespondenten der "Deutschen Welle".

Immer weniger Unterricht auf Weißrussisch

Bemerkenswert ist, dass die Umstrukturierung in erster Linie die Landschulen betrifft, in denen man in weißrussischer Sprache lehrt. Laut offizieller Statistik lernen in diesen Schulen 24 Prozent der weißrussischen Schüler. Dies bedeutet für die weißrussischen Kinder, dass mit jedem Jahr die Möglichkeit sinkt, in ihrer Muttersprache unterrichtet zu werden.

Marina Mazurkewitsch
DW-RADIO/Russisch, 21.8.2006, Fokus Ost-Südost