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Anzug statt Texas-Look

Daniel Scheschkewitz26. April 2002

Fünf Stunden dauerte das Treffen zwischen dem saudischen Kronprinzen Abdullah und George W. Bush auf dessen Ranch in Texas. Der US-Präsident forderte Israel zu einem raschen Truppenrückzug aus dem Westjordanland auf.

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George W. Bush und der saudische Kronprinz AbdullahBild: AP

Präsident Bush liebt zu Hause den zwanglosen Texas-Look - für den königlichen Besucher aus Riad musste es dann doch der dunkle Anzug sein. Die saudisch-amerikanischen Beziehungen sind derzeit nicht so, dass man sich besonders locker geben könnte. Eigentlich sollte es bei der ersten direkten Begegnung zwischen dem US-Präsidenten und dem De-Facto-Herrscher aus dem saudischen Königshaus um den Friedensplan von Kronprinz Abdullah gehen, dem die Arabische Liga vor einem Monat im Grundsatz zugestimmt hatte.

Frustration in den arabischen Hauptstädten

Doch die vom israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon gestarteten Militäraktionen in den palästinesischen Autonomiegebieten und die fortgesetzte Unterstützung, die Scharon trotzdem im Weißen Haus genießt, hat die Frustration in den arabischen Hauptstädten enorm wachsen lassen.

In der privaten Abgeschiedenheit der Bush-Ranch bei Crawford warnte Kronprinz Abdullah den US-Präsidenten denn auch vor schwerwiegenden Konsequenzen, sollten die USA ihre einseitig pro-israelische Haltung nicht überdenken - so erklärten es jedenfalls die Berater von Prinz Abdullah den angereisten Journalisten. Der US-Präsident richtete deshalb auch mahnende Worte an Ariel Scharon: "Israel muss seinen Rückzug abschließen - dazu gehört auch eine friedliche Lösung der Situation in Ramallah und in der Geburtskirche in Betlehem."

Scharon oder Saddam Hussein als Bösewicht?

Doch zwischen der Regierung Bush und dem saudischen Königshaus bleiben auch nach dem Treffen Differenzen über die Einschätzung der Lage im Nahen Osten bestehen. Im saudischen Königshaus glaubt man, dass Ariel Scharon die Region ins Verderben stürzen wird, wenn das Weiße Haus ihn nicht zurückpfeift. Und ganz im Gegensatz zur Regierung Bush sieht man Massenvernichtungswaffen in den Händen Saddam Husseins nicht als terroristisches Problem, sondern als völkerrechtliche Angelegenheit, die nur über ein neues UN-Inspektionsmandat in den Griff zu bekommen sei.

Saudi-Arabien ist seit 70 Jahren neben Ägypten der wichtigste Verbündete Amerikas im arabischen Lager. Auf den Militärbasen in der saudi-arabischen Wüste sind über 5000 US-Militärs stationiert. Das Land, das mit der Geburtsstätte des Propheten Mohammed in Mekka nicht nur über das größe Heiligtum des Islam, sondern auch über die größten Ölreserven in der Region verfügt, ist für die USA von enormer strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung.

Öl soll weiter sprudeln

Zumindest die Ölmagnaten in Bushs Heimatstaat Texas müssen sich nach dem Treffen jedoch keine Sorgen machen. "Saudi-Arabien hat erklärt, dass es das Öl nicht als Waffe einsetzen wird", sagte der US-Präsident. "Ich würdige dies, habe dafür Respekt und erwarte, dass es dabei bleibt."