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Aprikosen-Republik Deutschland?

Judith Hartl29. Juli 2005

Zugegeben: Angela Merkel sieht ganz nett aus in Apricot, beziehungsweise in Orange. Vielleicht hat ihr das ihr ganz persönlicher Styling-Berater mal geflüstert: Dass Orange sie flotter und auch liebenswerter macht.

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Judith Hartl

Vielleicht kam sie irgendwann morgens ins Büro, fand alles irgendwie unflott und unliebenswert und hat beschlossen, dass das jetzt alles mal einen neuen Anstrich braucht. Vielleicht ist ja deswegen die neue, dominierende Farbe im Konrad-Adenauer-Haus jetzt Orange. Und nicht nur das.

Beim Rundgang durch die neue Wahlkampfzentrale jubelt Generalsekretär Kauder: Die CDU sei ab nun orange. Das sei die neue Farbe der Partei. Aha. Schwarz scheint ausgedient zu haben. Aber es ist ja auch viel netter, wenn hübsche Hostessen in orangefarbenen Kostümchen Aprikosen verteilen und Kaffee in orangefarbenen Bechern und Tassen, dazu Zucker in orangenen Tütchen. Das leuchtet, das macht Mut, verbreitet Optimismus und bedeutet Aufbruchstimmung, die unser Land braucht, verkündet Volker Kauder grinsend.

War da nicht was?

Auf die Frage eines Journalisten, ob seine orangene Krawatte denn auch dazu gehört, gibt Kauder zwar krawattenwedelnd zu, die sei schon älter, aber passen würde sie doch jetzt ganz gut. Nun ja, dennoch ist der Sprung auch für Hartgesottene irritierend. Noch doller ist der Wandel bei den Wahlplakaten - von black is beautiful zum knalligen Orange. Plakate, die Kauder stolz mit dynamischer Hand auf den Tischen ausrollt.

Angela Merkel
Lady in Orange: Angela MerkelBild: AP

Aber Orange, Orange, Orange (man überlegt ... schon ganz kirre im Kopf von der vielen grellen Farbe) war da nicht was vor kurzem? Was Bedeutendes - auch in Orange? Und beim Biss in die 20. Aprikose, die die netten Hostessen unaufhörlich anbieten, fällt der Groschen: Orangene Revolution. Ukraine: die Menschenmassen mit Orangen in den Händen und orangefarbenen Schals um den Hals. Aufbruch. Sturz der Regierung .... der sympathische Neue, dem die alte Regierung so übel mitgespielt hatte.

Orange und rot - warm und harmonisch …

Aber hier in Deutschland? Irgendwie hinkt der Vergleich. Immerhin ist unser Bundeskanzler ja kein Diktator. Aber dann - wieder diese Aprikosen. Aufdringlich und allgegenwärtig. Und die Studenten, die freiwillig ihre Zeit im Konrad-Adenauerhaus mit Wahlkampfhilfe verbringen: Sie alle tragen orangefarbene T-Shirts. Und fragt man nach, warum sie hier sind, dann sagen sie - um dabei mitzuhelfen, Rot-Grün zu stürzen. Hmmmmm.....das wäre dann - könnte man sagen - die Aprikosen-Revolution in Deutschland. Die fehlt ja noch in der Reihe der Rosen- und Veilchen- und Nelken-Revolutionen der letzten Jahre.

Und sollten SPD und Union - so unwahrscheinlich ist es ja nicht - zu einer großen Koalition gezwungen werden: Dann passen die Farben wenigstens mal zusammen. Orange-Rot, das sind warme und freundliche Farben - harmonisch so nah beieinander. Nicht so wie Schwarz-Rot, das ja irgendwie aggressiv und destruktiv wirkt. Vielleicht hat Frau Merkel ja auch daran gedacht als sie sich für Orange entschied. Jedenfalls eine gute Wahl. Und auch wenn die Aprikosen-Revolution scheitern sollte: Das Kostüm in der Farbe kann sie auch in vier Jahren noch tragen.