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Arafat als Pop-Ikone?

Sabina Casagrande (cb)16. November 2004

Verehrt von den Menschen, die er führte, und gehasst von seinen Gegnern, hat Jassir Arafat einen Mythos um seine Person geschaffen. Als junger Mann war er fast so etwas wie der ultimative Rock-´n-Roll-Revolutionär.

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Jassir Arafat und seine berühmten MarkenzeichenBild: AP

Der palästinensische Führer Jassir Arafat wurde von seinem Volk als Held verehrt. Ein Krieger für den Frieden, der sein ganzes Leben dem Kampf für einen eigenständigen palästinensischen Staat gewidmet hat. Über 40 Jahre verfolgte er unnachgiebig einen politischen Kurs, den er für den einzig richtigen hielt. Nach seinem Tod könnte Arafat eine noch größere Rolle zukommen als zu seinen Lebzeiten. Kann auch der Führer der Palästinenser, ähnlich wie Che Guevara, als Symbol für den Kampf um den Frieden unsterblich werden?

Ein Mann mit Stil

Bildgalerie Arafat UN Sicherheitsrat 1974 mit Pistole
Arafat vor der Hauptversammlung der Vereinten Nationen am 13.11.1974Bild: AP

Vor 30 Jahren, am 13. November 1974, hielt Arafat seine berühmte Rede vor der Hauptversammlung der Vereinten Nationen. Gekleidet war er in einen grünen Militäranzug, das Pistolenhalfter umgegürtet – die Pistole hatte er allerdings nicht dabei – und auf dem Kopf trug er sein Markenzeichen: das schwarz-weiße Palästinensertuch und dazu die dunkle Sonnenbrille. Keine Frage, der Mann hatte Sinn für einen einzigartigen Stil und alle Voraussetzungen die ihn zu einer Ikone werden lassen könnten. Nicht nur, dass er mehrere Anschläge auf sein Leben überlebte und Friedenserklärungen abgab, sondern auch, dass er unnachgiebig Widerstand gegen die israelische Politik leistete.

Andenken an Arafat

Ernesto Che Guevara, Kuba
Der Revolutionär Ernesto Che Guevara wird zur Ikone des 20. JahrhundertsBild: AP

Schon kurz nach seinem Tod in den frühen Morgenstunden des 11. November 2004 konnte man beim Internet Auktionshaus eBay die verschiedensten Andenken an den Palästinenserführer erstehen, darunter Sammelkarten mit seinem Konterfei, einen signierten Baseball und viele Fotos.

Wird Arafat der nächste Che Guevara? Wird sein Gesicht T-Shirts und Poster zieren? "Ich bin ziemlich sicher, dass das nicht passieren wird", sagt Trendforscher Eike Wenzel im Interview mit DW-WORLD. Der Kult um Che Guevara sei zu einer ganz anderen Zeit entstanden, erklärt Wenzel. "In den 1970er und 80er Jahren war das eng mit der Bürgerbewegung verbunden, mit einem Che Poster an der Wand gab man ein politisches Statement ab".

Pop-Ikonen des 20. Jahrhunderts

Auch die Faszination für die Terroristen der Rote Armee Fraktion (RAF) in den 1980er Jahren ist so ein Phänomen. T-Shirts, Unterwäsche und Plakate mit dem RAF-Symbol (Roter Stern mit einem Maschinengewehr der Marke Kalaschnikow in der Mitte) waren ein Verkaufsschlager. Als die Terroristen maktfähig wurden, vergaß man schnell, welche Verbrechen sie begangen hatten. Aber das waren andere Zeiten. "Heute ist es sehr viel schwerer, zu einer solchen Ikone zu werden, weil unsere Kultur so geteilt ist" sagt Wenzel.

Arafat war eine umstrittene Person

"Arafat ist kein Held und kein Märtyrer", sagt Wenzel. "In Deutschland war er eine sehr umstrittene Person, die nicht von allen anerkannt wurde, auch wenn wir als Land den Friedensprozess im Mittleren Osten unterstützen". Wenn man den legendären Status des Friedensnobelpreisträgers Arafat in den Vordergrund rückt, dann gerät schnell in Vergessenheit, dass er auch der Mitbegründer der Fatah-Bewegung war. Diese wurde später zu einem Teil der Palästinensischen Freiheitsbewegung (PLO). In den 1970er und 80er Jahren erregte die PLO internationales Aufsehen mit einer Serie von Terroranschlägen und gewaltsamen Flugzeugentführungen.

Für junge Deutsche ist Arafat als Kult-Figur uninteressant. "Heute denken die 20-jährigen mehr an ihre Karriere, Arafat hat keine Bedeutung für sie", sagt Wenzel.

Arafats Tod markiert einen Wendepunkt

Arafat Plakat in Gaza
Arafat wird auf von den Angehörigen seines Volkes als Märtyrer und Held verehrtBild: AP

Kurz nach Arafats Tod ehrte der britische Premierminister ihn als "große Ikone für das palästinensische Volk". In seinem Statement machte Blair aber auch klar, dass durch den Tod des palästinensischen Führers jetzt die Möglichkeit für Friedensgespräche im Nahen Osten besteht. Für die Zunkunft stellt sich jedoch die Frage, wie sich die Ikonisierung des Palästinenserführers durch sein Volk auf den Friedensprozess auswirken wird.