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Arbeitsplatzverluste am Hafen-Horizont?

Julia Elvers-Guyot23. November 2005

Eigentlich geht es den Häfen gut. Die Containerschifffahrt wächst und wächst. Im größten deutschen Seehafen Hamburg wird in diesem Jahr ein Rekordumschlag erwartet. Dennoch haben viele Hafenarbeiter Angst um ihren Job.

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Europäische Hafenarbeiter streikenBild: dpa

Grund für die Sorge ist ein umstrittener Vorschlag der EU-Kommission zur Liberalisierung der Hafendienstleistungen. Er soll durch die öffentliche Ausschreibung aller Hafentätigkeiten zu mehr Wettbewerb führen. Kritiker der "Richtlinie über den Marktzugang für Hafendienstleistungen" - das so genannte "Port Package II" - sehen dadurch aber eher einen Wettbewerbsverlust.

"Durch die Ausschreibung von Hafenlizenzen geraten funktionsfähige Betriebe in Gefahr", sagt Klaus Heitmann, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes der Deutschen Seehafenbetriebe (ZDS). Befürchtetes Szenario: Mit den Ausschreibungen kaufen sich internationale Terminalbetreiber in die Häfen ein, erhöhen die Preise für die Abfertigung und sind dabei nicht verpflichtet, die Beschäftigten zu übernehmen.

Hafenarbeiter streiken gegen Liberalisierung

Die geplante Richtlinie sieht auch vor, dass Schiffsbesatzungen ihre Ladungen künftig selbst löschen können sollen. Derzeit erledigen das reguläre Hafenarbeiter. Die Gewerkschaften befürchten den Verlust von Tausenden von Arbeitsplätzen.

Am Montag (21.11.05) streikten daher Hafenarbeiter in ganz Europa. In Deutschland legten 2500 Menschen in mehreren norddeutschen Küstenstädten zeitweilig die Arbeit nieder. Zu der zentralen Demonstration in Brüssel waren Hafenarbeiter aus Belgien, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden gekommen.

Wettbewerb funktioniert schon jetzt

Containerumschlag im Hamburger Hafen
Container-Umschlag im Hamburger HafenBild: PA/dpa

Kritiker bemängeln, dass die EU mit dem "Port Package II" unnötig in ein funktionierendes Netz der Hafendienstleistungen eingreifen würde. "Wo Wettbewerb herrscht, darf die Richtlininie nicht greifen", fordert Reinhard Wolf von der Hamburger Handelskammer. Und das gelte für alle großen Häfen an der Nordsee von Antwerpen bis Hamburg. Denn hier gebe es sowohl in als auch zwischen den Häfen Konkurrenz.

Auch Klaus Heitmann vom ZDS findet, dass man "Hafenunternehmen, die bereits im Wettbewerb stehen, nicht in ihrer Leistungsfähigkeit begrenzen" sollte. Es gebe keinen Grund, ordnungspolitisch einzugreifen.

Georg Jarzembowski
Georg Jarzembowski, Europa-Abgeordneter der CDUBild: dpa

Ganz anders sieht das der EU-Abgeordnete Georg Jarzembowski (CDU). Er gehört zu den Initiatoren der Richtlinie und ist Berichterstatter im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments. Jarzembowski hält die Liberalisierung von Hafendienstleistungen für notwendig. "Es gibt immer noch Häfen in Europa, wo Monopole oder Oligopole die Häfen geschlossen halten und Kunden Dienstleistungen annehmen müssen, die qualitativ schlecht und teuer sind." Das sei zum Beispiel bei Häfen in Skandinavien und Südeuropa der Fall.

EU-Kommissionsvorschlag erneut gescheitert

Die EU-Kommission plant die Deregulierung der Hafendienstleistungen bereits seit 1997. 2001 wurde der Richtlinienentwurf "Port Package" auf den Weg gebracht, gegen den die Gewerkschaften zweieinhalb Jahre kämpften und am Ende Erfolg hatten: Das EU-Parlament lehnte die Richtlinie im November 2003 ab. Daraufhin legte die Kommission kurz vor Ende ihrer Amtszeit im Oktober 2004 einen zweiten Entwurf vor.

Am Dienstag (22.11.05) hat der Verkehrsausschuss die Entscheidung zur zweiten Seehafenrichtlinie erneut abgelehnt. Nun soll im Januar 2006 im Plenum des Parlaments über den Richtlinienvorschlag abgestimmt werden.