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Argentinien unterbreitet neues Umschuldungsangebot

3. Mai 2010

Die privaten Gläubiger, bei denen Argentinien nach wie vor mit rund 20 Milliarden Dollar in der Kreide steht, sollen auf knapp die Hälfte ihrer Forderungen verzichten.

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Argentinische Flaggen (Foto: AP)
Bild: AP

Argentinien will wieder Zugang zum internationalen Kapitalmarkt erhalten. Doch zuvor muss das Land die Altlasten aus dem Staatsbankrott 2001 beseitigen. Ab diesem Montag (03.05.2010) haben Inhaber argentinischer Staatsanleihen die Chance, ihre nicht bedienten Anleihen gegen neue Papiere einzutauschen. Der argentinische Wirtschaftsminister Amado Bodou hat am Montag zum Auftakt der sogenannten "road show" das neue Umschuldungsangebot in Rom vorgestellt. Bereits im Vorfeld hatte der Minister angekündigt, die neue Offerte werde "zu den gleichen Konditionen wie 2005" unterbreitet. Damals hatte Präsident Néstor Kirchner den Gläubigern vorgeschlagen auf 70 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten.Anleger sollten jetzt jedoch zugreifen, rät Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). "Es besteht die Gefahr, dass das die letzte Möglichkeit ist, die alten Anleihen, die seit Jahren keine Zinsen mehr bringen und bei Fälligkeit nicht zurückgezahlt worden sind, in eine neue Anleihe zu retten", so Hechtfischer.

Umtauschen oder vor Gericht ziehen

Argentinien hatte sich am 1. Januar 2002 bei einer Auslandsverschuldung von 100 Milliarden Dollar für zahlungsunfähig erklärt. Das 2005 unterbreitete Umschuldungsangebot sah eine Zahlung von 30 Cent je Dollar Nominalwert vor.

Foto: AP
Die Krise in Argentinien hat bei vielen Anlegern zu Verzweiflung angesichts der hohen Verluste geführt.Bild: AP

Drei Viertel der Anleger akzeptierten damals die Bedingungen und zeichneten die neuen Anleihen. Der Wert der nicht getauschten Papiere, die seit acht Jahren von Argentinien nicht bedient worden sind, beläuft sich auf insgesamt 20 Milliarden Dollar. Dazu kommen noch fast 10 Milliarden Dollar an aufgelaufenen Zinsen.

Das neue Angebot sieht vor, dass Großanleger einen Kapitalverzicht von rund 66 Prozent hinnehmen und im Gegenzug eine neue Anleihe mit einer Laufzeit bis 2033 erhalten. Die aufgelaufenen Zinsen sollen mit 8,75 Prozent verzinst und 2017 auf einmal ausgezahlt werden.

Für Kleinanleger, deren Forderungen 50.000 Dollar nicht überschreiben, soll es Sonderkonditionen geben. Allein deutsche Anleger haben rund 7 Milliarden Euro in argentinische Staatsanleihen gesteckt, schätzt die DSW. Große Hoffnungen auf eine Rettung ihrer Investitionen will Thomas Hechtfischer von der DSW den Anlegern nicht machen. "Es sind wieder sogenannte Par-Bonds vorgesehen, mit denen Anleger ihr Altengagement in neue Anleihen eins zu eins retten können. Allerdings gibt es dafür weniger Zinsen und die Laufzeit ist unerfreulich lang." Die jetzt angebotenen Par-Bonds für Kleinanleger sollen bis zum Jahr 2038 laufen.

Wer das Angebot nicht akzeptieren wolle, so Hechtfischer, dem bliebe jetzt nur noch die Möglichkeit "seine Ansprüche gerichtlich geltend zu machen." Argentinien zu verklagen sei "eine Variante, die man nach wie vor empfehlen kann", so der DSW-Experte gegenüber DW-WORLD.de, "aber nur den Anlegern, die über eine Rechtschutzversicherung verfügen." Diese Einschränkung sei wichtig, denn die Erfahrungen der letzten Jahre hätte gezeigt dass "Argentinien auch nicht zahlt wenn es rechtskräftig verurteilt worden ist. Und dann muss man eine Vollstreckung erwirken, und das ist gegen Argentinien schwierig bis unmöglich."

Plakat mit der Aufschrift "Nein zur Abwertung" (Foto: AP)
Die Abwertung des argetinischen Peso hat 2002 zu massiven Protesten geführtBild: AP

Die argentinische Regierung strebt an, dass das Angebot von mindestens 60 Prozent der Anleger akzeptiert wird. Davon hängt der Ruf Argentiniens als Emittent ab, so Thomas Hechtfischer von der DSW: "Wir haben ja schon vor der ersten Umschuldung gesagt, dass Argentinien es sich nicht erlauben kann, den Ruf als Emittent aufs Spiel zu setzten. Das hat man aber mit dem Angebot 2005 doch getan. Es hat sich gezeigt, dass es offenbar nicht funktioniert hat und Argentinien die Märkte falsch eingeschätzt hat, denn der Ruf Argentiniens als Emittent blieb ja auch nach der Umschuldung 2005 stark lädiert. So dass sie jetzt zu der Überzeugung gekommen sind, wir müssen noch mal Geld in die Hand nehmen, wir müssen noch mal ein Angebot unterbreiten um wieder einen Fuß in die Tür zu bekommen."

Argentinien braucht dringend frisches Geld

Der Schuldenberg des südamerikanischen Landes ist immer noch enorm. Für 2008 wurden die Auslandsverbindlichkeiten mit rund 145 Milliarden US-Dollar beziffert. Zwar hat Argentinien von 2004 bis 2007 jährliche Wachstumsraten zwischen sieben und neun Prozent erzielt. Das Land profitierte vom Anstieg der Weltmarktpreise für Soja, Weizen und Rindfleisch. Der Binnenmarkt konnte sich erholen und auch der Export nahm nach der Abwertung des Peso wieder zu.

Doch diese ersten Konsolidierungserfolge wurden durch die internationale Wirtschafts- und Finanzkrise wieder zunichte gemacht. 2009 wurde offiziell nur noch knapp ein Prozent Wachstum registriert. Unabhängige Wirtschaftswissenschaftler errechneten sogar einen Rückgang um drei Prozent. Für das laufende Jahr wird ein Zuwachs um etwa drei Prozent erwartet. Sorgen bereitet Beobachtern jetzt vor allem die auf fast acht Prozent gestiegene Inflationsrate. Auf sozialem Gebiet sind zurzeit kaum Fortschritte in Sicht. Noch immer leben 20 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Die liegt für eine vierköpfige Familie bei rund 300 Dollar im Monat.

Die Staatsausgaben sind 2009 fast drei Mal so schnell gestiegen wie die Einnahmen. Großen finanziellen Spielraum hat die Regierung in Buenos Aires seit der Verstaatlichung der privaten Rentenfonds Ende 2008 nicht mehr.

Autorin: Mirjam Gehrke (efe/dpa/epd/rtr)
Redaktion: Thomas Kohlmann