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Argentinien setzt auf Rodríguez Saá

24. Dezember 2001

Der argentinische Kongress hat den Peronisten Adolfo Rodríguez Saá zum Interimspräsidenten gewählt. Nach der Vereidigung kündigte Rodríguez Saá an, die Zahlungen auf die Auslandsschulden vorerst einzustellen.

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Eine Politikerkarriere voller Erfolge und SkandaleBild: AP

Rodríguez Saá soll bis zu Neuwahlen am 3. März als Interimspräsident das hochverschuldete Land regieren. Der bisherige Präsident Argentiniens, Fernando de la Rua, war nach massiven Protesten der Bevölkerung gegen den Sparkurs seiner Mitte-Links-Regierung zurückgetreten. Bei den Unruhen waren mindestens 27 Menschen ums Leben gekommen.

Zur Person

Mit dem Einzug in den argentinischen Präsidentenpalast "Casa Rosada" geht für Adolfo Rodríguez Saá ein alter Traum in Erfüllung. Schon bei der vorigen Präsidentenwahl 1999 war der Peronist in seiner Partei einer der Kandidaten gewesen. Der Vollblut-Politiker musste sich aber Eduardo Duhalde geschlagen geben, der dann in der Wahlgegen den jetzt zurückgetretenen Fernando dé la Ra verlor.

Mit seiner Lebenslust und seinem unerschütterlichen Optimismus ist Rodríguez Saá, so möchte es scheinen, genau der Mann, den das krisengeschüttelte Argentinien jetzt benötigt. Seine Bilanz als Gouverneur kann sich in der Tat sehen lassen. Die Provinz San Luis regiert er seit 18 Jahren, länger als jeder andere Gouverneur in der Geschichte des Landes. San Luis kennt, ganz im Gegensatz zum argentinischen Zentralstaat, keine Schulden und keine Finanzprobleme. Die Arbeitslosigkeit ist eine der niedrigsten im ganzen Land. Die Bewohner erneuerten fünf Mal in Folge das Mandat ihres Gouverneurs.

Der Liste der Erfolge steht allerdings eine ganze Reihe von
Skandalen entgegen. Rodríguez Saá ist nämlich alles andere als ein farbloser Provinzpolitiker. Im Gegenteil: Sein Leben bietet genügend Stoff für eine Soap Opera im Fernsehen. Den Höhepunkt der Skandale bildete eine obskure Sex-Affäre im Jahr 1993. Rodríguez Saá, Vater von fünf Kindern, hatte damals seine Geliebte nach einem außerehelichen Verhältnis beschuldigt, ihn entführt und "sexuell missbraucht" zu haben. Für die Klatschpresse war dies ein gefundenes Fressen.

Auch seine politische Karriere weist eine Reihe von Schattenseiten auf. Rodríguez Saá musste sich zuweilen vorhalten lassen, in seiner Heimatprovinz San Luis, die 800 Kilometer westlich von Buenos Aires und fast im geographischen Zentrum des Landes liegt, fast wie ein
Großgrundbesitzer oder ein König nach eigenem Gutdünken zu regieren. Mal wurden ihm Amtsmissbrauch oder illegale Bereicherung vorgeworfen, mal die Einschüchterung kritischer Journalisten.

Der frühere Rechtsanwalt wurde im Laufe seiner Karriere zum Multimillionär. Er besitzt Ländereien, Radio- und Fernsehstationen. Einen Freund machte er zum Chef des Obersten Gerichtshof der Provinz.

Erste Maßnahmen

Rodríguez Saá kündigte in seiner Antrittsrede an, die Rückzahlung der Auslandsschulden in Höhe von 132 Milliarden Dollar zunächst auszusetzen. Mit dem dadurch frei werdenden Geld will er die Sozialhilfe für die Armen aufstocken und ein Programm zur Schaffung von Arbeitsplätzen finanzieren.

Argentinien hat gegenwärtig eine Arbeitslosenquote von 18,3 Prozent. 40 Prozent der 36 Millionen Argentinier leben unter der Armutsgrenze.

Der Übergangspräsident bedauerte die irreparablen Schäden und Verluste an Menschenleben, die durch die Unruhen und Plünderungen im ganzen Land entstanden waren. Er kündigte die Schaffung eines Fonds zur Entschädigung der Opfer an. Gleichzeitig erteilte er einer Anerkennung des US-Dollars als offizielle Landeswährung eine Absage. Auch werde er keiner Abwertung des Pesos zustimmen. Allerdings kündigte er die Schaffung einer zweiten "Parallelwährung" an, nannte aber keine Einzelheiten.

Der Peso ist seit zehn Jahren an den Dollar im Verhältnis eins zu eins gebunden. Diese Bindung wird von manchen Kritikern für die Finanz- und Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht, da sie den Export argentinischer Waren unverhältnismäßig verteuere.