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Versöhnung durch Fußball?

13. Juli 2008

Zwischen Armenien und der Türkei bestehen keine diplomatischen Beziehungen. Nun hat der armenische Präsident seinen türkischen Amtskollegen zu einem Fußballspiel nach Jerewan eingeladen – eine Geste mit Folgen?

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Ilhan Mansiz (Türkei) feiert das Golden Goal im Spiel gegen Senegal bei der WM 2002 (AP Photo/Domenico Stinellis)
Fußball kann Brücken schlagen zwischen LändernBild: AP

Der armenische Präsident Sersch Sarkisjan hat den türkischen Staatschef Abdullah Gül eingeladen, gemeinsam das am 6. September in Jerewan stattfindende armenisch-türkische Qualifikationsspiel für die Fußballweltmeisterschaft 2010 zu besuchen. Diesen unerwarteten Vorstoß des armenischen Präsidenten bestätigte dessen Pressesprecher Samvel Farmanjan. Er sagte, die Einladung an den türkischen Staatschef habe man auf diplomatischem Wege übermittelt. Farmanjan machte allerdings nicht deutlich, auf welchem genau.

Zwischen Ankara und Jerewan bestehen keine diplomatischen Beziehungen. Die Türkei blockiert seit mehr als 15 Jahren die Grenze zu Armenien. Der wirtschaftliche Schaden, der dadurch jährlich verursacht wird, liegt zwischen 400 und 500 Millionen Dollar, und das nur auf armenischer Seite. Genau so hohe Verluste tragen die nordöstlichen Provinzen der Türkei.

Bedingungen für diplomatische Beziehungen

Diplomatische Beziehungen will Ankara nur unter der Bedingung aufnehmen, dass Armenien die internationale Anerkennung des Genozids an den Armeniern im Osmanischen Reich Anfang des 20. Jahrhunderts nicht weiter verfolgt. Damals wurden etwa 1,5 Millionen Armenier getötet. Ferner müsse Armenien der Regelung des Berg-Karabach-Konflikts zugunsten Aserbaidschans zustimmen.

Armenien seinerseits schlägt vor, diplomatische Beziehungen ohne vorherige Bedingungen aufzunehmen. Danach könnten Jerewan und Ankara mit einem Dialog über alle Probleme zwischen beiden Staaten beginnen.

Möglicherweise stellt Sarkisjans Einladung an den türkischen Präsidenten einen Durchbruch in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern dar. In diesem Zusammenhang sagte der Direktor des Instituts für Orientalistik der Akademie der Wissenschaften Armeniens, Professor Ruben Safrasjan, der Deutschen Welle: "Jedenfalls verfolgte Sarkisjan mit der Einladung an Gül ein solches Ziel. Wenn Gül die Einladung annimmt und damit auch Sarkisjan einen Schritt entgegenkommt, dann wird die Einladung ihr Ziel erreicht haben."

Gemeinsame Historiker-Kommission vorgeschlagen

Sarkisjan beschränkte sich nicht nur auf die Einladung an den türkischen Präsidenten. Er sagte bei einem Treffen mit Vertretern der armenischen Diaspora in Moskau zudem, Jerewan schließe die Bildung einer gemeinsamen armenisch-türkischen Historiker-Kommission zum Genozid an den Armeniern nicht aus, wenn diplomatische Beziehungen aufgenommen und die Blockaden an der Grenze aufgehoben würden.

"Sarkisjans Erklärung zur Bildung einer Kommission muss man im Zusammenhang mit den Erklärungen des Außenministers und dessen Pressesprecher sehen, wonach die Anerkennung des Genozids auf der Tagsordnung der armenischen Diplomatie bleibe. Die von Sarkisjan vorgeschlagene Kommission soll, so denke ich, nicht klären, ob es einen Genozid gab oder nicht, sondern soll ihn als solchen erforschen", so Safrasjan.

Der Orientalist betonte, dass die türkischen Wissenschaftler, die von einem Genozid ausgingen, einen bedeutenden Beitrag zur Erforschung der Gründe für den Genozid, dessen Verlauf und Folgen leisten könnten.

Aschot Gasasjan