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Politik

Armut adé!

9. Juli 2017

Auch wenn auf dem G20-Gipfel in Hamburg die Probleme überwogen haben: Zumindest der Kampf gegen Hunger und Armut ist eine echte Erfolgsgeschichte - weltweit. Eine Zwischenbilanz.

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Kamerun Kinder im Dorf Mboh
Bild: DW/H. Fischer

Elend, Hungersnot, Flüchtlingskrise: Auf dem G20-Gipfel in Hamburg waren die Warnungen vor dem Weltuntergang nicht zu überhören. Ist der Kampf gegen extreme Armut, Krankheiten und Krieg aussichtslos? Ganz im Gegenteil. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass der Einsatz für eine bessere Welt sich lohnt.

"Die Lebensbedingungen werden immer besser. Die Armut hat weltweit massiv abgenommen", erklärt Max Roser. Der Ökonom aus der pfälzischen Kleinstadt Kirchheimbolanden forscht an der Universität Oxford und gehört zu der wachsenden Zahl von Wirtschaftswissenschaftlern, Politikern und Publizisten, die Predigern der Apokalypse eine frohe Botschaft entgegensetzen wollen.

Auf seiner Webseite "Our World in Data" bereitet Roser interaktive Grafiken auf, die zeigen, welch enorm positive Auswirkungen die sozialen Projekte von Hilfsorganisationen, Vereinten Nationen und nationalen Regierungen auf den weltweiten Kampf gegen Armut und Hunger haben (siehe Grafiken).

Vorbild Brasilien

Angeregt wurde er dazu durch einen Forschungsaufenthalt in Brasilien, am "Instituto de Estudos de Trabalho e Sociedade". Die Sozialprogramme der damaligen brasilianischen Regierung, die über 20 Millionen Menschen aus der Armut befreiten, bestärkten ihn, die positiven Trends in einem Buch zusammenzutragen.

Infografik Hunger und Unterernährung DEU

In der Tat: Seit 1990 ist die Zahl der Hungernden weltweit um 216 Millionen Menschen gesunken. In Südostasien verringerte sich der Anteil der Ärmsten, die nicht genug zum Essen haben, von 30 Prozent auf neun Prozent der Bevölkerung. In Westafrika sank er im gleichen Zeitraum von 24 Prozent auf neun Prozent, und in Lateinamerika von 14 Prozent auf nun fünf Prozent.   

"Die Arbeit der vergangenen Jahrzehnte zahlt sich aus", schreibt SPIEGEL-Autor Guido Mingels in seiner Kolumne "Früher war alles schlechter". "Obwohl es immer mehr Menschen auf der Welt gibt, gibt es gleichzeitig auch immer mehr Nahrung pro Kopf." Das gleichnamige Buch des SPIEGEL-Autors hat sich mittlerweile zum Bestseller entwickelt.

Infografik Kindersterblichkeit DEU

Es geht noch besser

Die guten Nachrichten können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass es beim Kampf für eine gerechtere Welt noch viel zu tun gibt. Laut Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen leiden noch immer 795 Millionen Menschen an Hunger. In Afrika leben 154 Millionen Menschen ohne Schulbildung, in Asien sind es sogar 472 Millionen Menschen. Auch die häufig tödliche Krankheit Malaria ist noch längst nicht besiegt: Auf dem afrikanischen Kontinent starben 2015 knapp 400.000 Menschen daran.

Für Hilfsorganisationen steht genau dieses Leid im Vordergrund. "Es gibt keinen Grund zur Entwarnung", heißt es in der Erklärung zum Welthunger-Index, den die Deutsche Welthungerhilfe jährlich herausgibt. Zwar sei der Hunger in Entwicklungsländern seit 2000 um 29 Prozent zurückgegangen, doch "die Verbesserungen müssen dringend beschleunigt werden, um das Ziel 'Kein Hunger bis 2030' zu erreichen", kommentiert die Welthungerhilfe die Entwicklung.

Infografik Bildung DEU

Die Weltgemeinschaft - besser als ihr Ruf?

Trotz der positiven Entwicklungen - die negativen Schlagzeilen dominieren."Ich halte es für einen ethischen und politischen Skandal, dass die Weltgesellschaft sich bis heute außerstande sieht, einen Kraftakt zu unternehmen, um das allerschlimmste Weltelend zu beenden", schreibt der deutsche Philosoph Julian Nida-Rümelin in einem Gastkommentar für das Portal "heute.de". Die Ressourcen dafür stünden zweifellos zur Verfügung. 

Ökonom Max Roser und Spiegel-Kolumnist Guido Mingels hingegen wollen die Angst vor der Apokalypse vertreiben und Mut machen, sich zu engagieren. "Wer nur auf die Zahl der 795 Millionen Menschen starren will, die hungern, darf und muss verzweifeln", schreibt Mingels. Die Tatsache, dass heute weniger Menschen an Hunger leiden als vor 20 Jahren, bedeute nicht, Probleme klein zu reden. Mingels: "Es heißt nur: Vieles wird besser."