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Aschewolke macht Europa flügellahm

17. April 2010

Flugreisende müssen sich auch am Wochenende auf massive Behinderungen einstellen. Zumindest bis Samstagnachmittag geht auf vielen europäischen Airports nichts mehr. Totaler Stillstand auch in Deutschland.

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Abflugtafel in Köln (Foto: AP)
Flughafen ohne Flugverkehr...Bild: AP

Die Deutsche Flugsicherung (DFS) entschied am Freitagabend, dass der Luftraum über der Bundesrepublik wegen der riesigen vom Vulkan am isländischen Eyjafjalla-Gletscher ausgestoßenen Aschewolke bis mindestens Samstag (17.04.2010), 14 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit, gesperrt bleibt. Damit ruht auch der Flugbetrieb an allen 16 internationalen Flughäfen in Deutschland. Am Samstagvormittag müsse die Frist möglicherweise sogar verlängert werden, sagte eine DFS-Sprecherin. Als letzter Flughafen in der Bundesrepublik hatte am Freitagabend der Münchner Airport dicht gemacht. An den anderen - weiter nördlich gelegenen - Flughäfen standen die Maschinen bereits seit Freitagmorgen oder Freitagmittag still.

Auch die Lufträume über Großbritannien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Estland, Litauen, Polen, Tschechien, Rumänien, Ungarn, der Slowakei, Österreich und der Schweiz wurden fast vollständig gesperrt. Finnland verhängte als erstes europäisches Land die Sperrung sogar bis Sonntag. Inzwischen hat selbst Italien eine Teilsperrung seines Luftraumes angekündigt. Von 6 bis 14 Uhr (MESZ) werde es am Samstag in Norditalien keine Flüge geben, teilte die Luftfahrtbehörde in Rom mit. Unterdessen gaben die Behörden in Schweden und Norwegen den Flugverkehr in ihren nördlichen Landesteilen wieder begrenzt frei. Dort habe die Asche-Konzentration in der Luft abgenommen, hieß es.

Riesige Verluste und volle Züge

Gestrandete Touristinnen (Foto: AP)
"Gestandet": Zwei Touristinnen aus den USA am Frankfurter FlughafenBild: AP

Normalerweise starten und landen in Europa täglich etwa 28.000 Flugzeuge. Am Freitag waren etwa 60 Prozent aller Flüge ausgefallen. Der Internationalen Flugverband IATA bezifferte den Einkommensverlust der Fluglinien auf mehr als 200 Millionen Dollar am Tag. Der gesperrte Himmel löste einen Massenansturm auf Busse, Bahnen, Mietwagen und Fähren aus.

In Folge der massiven Einschränkungen im Flugverkehr sitzen Hunderttausende Passagiere fest. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sind betroffen: Die Regierungschefin musste auf ihrem Rückflug aus den USA in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon Zwischenstation machen und kommt frühestens an diesem Samstag von dort weiter. Guttenberg machte auf der Rückreise aus Afghanistan notgedrungen Halt in der Türkei. Er begleitet fünf bei Kämpfen mit radikal-islamischen Taliban verwundete Bundeswehr-Soldaten, die vorübergehend in ein Istanbuler Krankenhaus gebracht wurden.

Blauer Himmel trotz Asche

Laut Vorhersagen breitet sich die vom Vulkan auf Island ausgestoßene Aschewolke weiter über Europa aus, ist aber über Deutschland kaum sichtbar. "Man kann am blauen Himmel nur eine leicht milchige Trübung erkennen", sagte ein Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst. Wie das Meteorologische Institut Reykjavik mitteilte, ergaben neue Messungen bei der Rauchsäule eine Höhe von acht Kilometern. Ein Ende der Vulkanaktivitäten oder eine massive Änderung der Windrichtung sei nicht abzusehen. Nachdem die Wolke zeitweise fast nur aus Wasserdampf bestanden habe, sei am Abend wieder mehr schwarze und gefährlichere Asche herausgekommen, hieß es in Reykjavik.

Vulkan am isländischen Eyjafjalla-Gletscher (Foto: Zentrum für Luft- und Raumfahrt, DLR)
Aufnahme des Satelliten "TerraSAR-X": Der Asche spuckende isländische Gletscher-VulkanBild: DLR/AP

Nach Einschätzung des Hamburger Max-Planck-Instituts hat der Vulkanausbruch keine Auswirkungen auf das weltweite Klima. Physikerin Claudia Timmreck sagte, der Flugverkehr reagiere zwar sehr empfindlich auf die kleinen, festen Ascheteilchen, nicht aber das Klima. Ein Effekt hänge vom Schwefelgehalt ab. "Und bei diesem Vulkan ist nicht so viel Schwefel rausgekommen." Der Sommer 2010 sei jedenfalls nicht in Gefahr.


Autor: Christian Walz (rtr, afp, dpa, apn)
Redaktion: Gerd Winkelmann