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Athen bittet um Hilfe, Berlin um Kontrolle

23. April 2010

Die Bundesregierung ist zu rascher Hilfe für Griechenland bereit, knüpft die beantragten Finanzmittel aber an strenge Bedingungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert von Athen ein glaubwürdiges Sparprogramm.

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Symbolbild zur Finanzkrise Griechenlands mit einem Aktienkurs, der griechischen Landkarte und einem Euro-Schein (Fotomontage: DW)
In Athen droht der StaatsbankrottBild: DW

Es sieht düster aus für Griechenland: Da eine Staatspleite droht, flüchtet sich Athen in die Arme der Europartner und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Erstmals in der Geschichte der Währungsunion soll so ein Mitgliedsland mit Milliardenhilfen vor der Zahlungsunfähigkeit bewahrt werden. "Es ist zwingend, dass wir um die Aktivierung des Rettungsmechanismus bitten", kommentierte Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou am Freitag (23.04.2010) in einem dringenden Hilfsappell an die Partner in Brüssel und Washington das hellenische Finanzdilemma. EU und IWF sagten zu, schnell auf den Hilferuf zu reagieren.

Doch die Bundeskanzlerin zögert: Angela Merkel macht strenge Prüfungen durch die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und den IWF zur Bedingung für Hilfen für den finanziell angeschlagenen Staat. Die Griechen müssten zunächst "ein glaubwürdiges Sparprogramm" vorlegen, sagte die Kanzlerin in Berlin. Danach müssten Kommission, EZB und IWF zum Schluss kommen, dass die griechische Schuldenkrise "nicht nur ein griechisches Problem ist, sondern ein Problem für die Stabilität des gesamten Währungsraums", betonte sie. "Erst dann kann über konkrete Hilfen gesprochen werden."

Kredite von der Staatsbank KfW

Merkel und Papandreou im Gespräch miteinander, im Hintergrund weitere Politiker (Foto: dpa)
Merkel fordert ein glaubwürdiges SparprogrammBild: picture alliance / dpa

Grundsätzlich geht es nach Darstellung Merkels nicht um direkte Hilfen aus dem Bundeshaushalt, sondern um Garantien aus Mitteln der staatseigenen KfW-Bankengruppe. Damit wäre der deutsche Steuerzahler zunächst nicht betroffen, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Michael Offer. Die derzeitigen Spekulationen an den Finanzmärkten hätten nichts mit Deutschland zu tun. Sie deuteten vielmehr auf ein Vertrauensdefizit hin, weil Athen noch nicht hinreichend deutlich gemacht habe, wie es aus der prekären Situation herauskommen wolle, erklärte Offer. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier forderte Merkel auf, Parlament und Öffentlichkeit frühzeitig und transparent über die Hilfen zu informieren. Nur so könne sie mit der Zustimmung der SPD rechnen.

Schäuble will über Griechenland-Hilfen beraten

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will Anfang nächster Woche mit Koalition und Opposition ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren für die Griechenland-Hilfen ausloten. Dazu werde sich der Minister an diesem Montag mit den Fraktionschefs der im Bundestag vertretenen Parteien treffen, sagte Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen am Freitag in Washington vor einem Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20). Bundesbank-Präsident Axel Weber sieht im Fall Griechenlands keine ernsthafte Gefahr für die Gemeinschaftswährung. "Der Euro hat kein Problem", sagte Weber vor Beginn der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. Es gebe jedoch das Risiko, dass die Schwierigkeiten Griechenlands seine Verschuldung in den Griff zu bekommen, auf andere Länder der Währungsunion übergriffen, warnte Weber.

Streikende Menschen marschieren (Foto: AP)
Viele Griechen sind mit den Sparplänen nicht einverstandenBild: AP

Wegen explodierender Kosten für die Schuldenaufnahme war die Regierung in Athen unter Druck geraten, rasch die Reißleine zu ziehen. Das Rettungspaket könnte mit einem Volumen von 45 Milliarden Euro allein im ersten Jahr mittelfristig die bisher größte derartige internationale Stützungsaktion werden. Nach dem offiziellen Hilfsgesuch Griechenlands atmeten die Finanzmärkte auf. Der Euro und die Aktienkurse legten an den internationalen Finanzmärkten zu. Ein Sprecher der Brüsseler EU-Kommission sagte, das Hilfsgesuch werde nun schnellstmöglich geprüft. Auch IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn sagte zu, rasch auf den Ruf aus Athen zu reagieren.

Autor: Marcus Bölz (afp, dpa, apn)

Redaktion: Oliver Samson