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Athen lehnt angebliches "Ultimatum" ab

2. Juni 2015

Die Regierung in Athen reagiert gereizt auf ein angeblich "letztes Angebot", das eine Spitzenrunde der internationalen Geldgeber in Berlin erörtert hat. Man lasse sich nicht erpressen, betont Vizepremier Dragasakis.

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Der stellvertretende griechische Ministerpräsident Yannis Dragasakis (Foto: AFP)
Bild: ARIS MESSINIS/AFP/Getty Images

Griechenland will nach den Worten des stellvertretenden Regierungschefs Giannis Dragasakis keine Ultimaten akzeptieren. Gesellschaft und die Wirtschaft könnten keine weiteren harten Sparmaßnahmen ertragen, sagte der für die Finanzen zuständige Vizeregierungschef auf Twitter. Allerdings erklärte Dragasakis anschließend im griechischen Fernsehen, die Regierung sei bereit "alles zu tun", damit es zu einer Einigung komme. Athen habe den Gläubigern detaillierte schriftliche Vorschläge zu allen Themen vorgelegt, hieß es.

Auch sein Kollege Panos Skourletis signalisierte im Schuldenstreit Widerstandsgeist. "Es gibt keinen Spielraum für mehr Kompromisse", sagte der Arbeitsminister dem Sender Skai TV. "Wir warten darauf, dass die andere Seite ihrer Verantwortung nachkommt."

Berliner Quintett

Athen reagierte damit auf das nächtliche Spitzentreffen zum Thema Griechenland in Berlin. Dabei hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Staatschef François Hollande, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, eine gemeinsame Haltung in den weiteren Verhandlungen mit Athen abgesteckt. Dabei sollen sie ein mögliches Kompromissangebot ausgelotet haben. Ein Regierungssprecher in Berlin teilte lediglich mit, es sei vereinbart worden, "mit großer Intensität" weiter nach einer Lösung zu suchen. Dazu werde man untereinander und auch mit Athen weiter in engen Kontakt bleiben. Aus Verhandlungskreisen verlautete, es sei um ein "allerletztes Angebot" der Geldgeber gegangen. Einige internationale und griechische Medien hatten dies als ein Ultimatum der Gläubiger an Athen interpretiert.

Die Gespräche in Berlin dauerten rund drei Stunden. Ursprünglich war nur ein Termin von Juncker, Hollande und Merkel bekannt gewesen. Deutschland und Frankreich sind in der Euro-Zone die zwei größten Einzel-Kreditgeber Griechenlands. Sollte sich bis zum Wochenende keine Einigung erzielen lassen, dürfte Griechenland auch Thema auf dem bevorstehenden G7-Gipfel im bayerischen Elmau werden.

Zeitfenster schließt sich

Die klamme griechische Regierung ringt seit Monaten mit den internationalen Geldgebern um eine Liste von Reformen, die den Weg frei machen sollen für kurzfristige Hilfszahlungen von 7,2 Milliarden Euro. Das Zeitfenster für eine Einigung wird jedoch immer kleiner. Bereits in drei Tagen muss Griechenland eine Kreditrate von rund 300 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen. Insgesamt werden in diesem Monat fast 1,6 Milliarden Euro fällig. Ob die Regierung dafür noch über ausreichend Finanzmittel verfügt, ist unklar.

Nach dem Berliner Fünfertreffen appellierte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel an die Regierung in Athen, im Schulden- und Reformstreit einzulenken. "Ich hoffe sehr, dass die griechische Regierung darauf eingeht", sagte er in Berlin mit Blick auf ein mögliches Kompromissangebot der Geldgeber. Er sei sehr froh, dass bei dem Spitzentreffen im Kanzleramt noch einmal ein Versuch zu einer Lösung unternommen worden sei. "Die politische Konsequenz einer Insolvenz Griechenlands in der Eurozone wäre gigantisch", warnte der Vizekanzler. Viele Menschen hätten wohl den Eindruck, besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. "Die Wahrheit ist, dass, wenn der erste Stein aus dem europäischen Haus herausbrechen würde, Europa in einem anderen Aggregatzustand wäre."

Bewegung an der Rentenfront?

EU-Währungskommissar Pierre Moscovici gab derweil bekannt, dass Griechenland Vorschläge für eine Rentenreform unterbreitet habe. "Wir fangen an, uns ausführlich mit den Renten zu beschäftigen", sagte Moscovici dem Radiosender France Inter. Griechenland leistet sich ein vergleichsweise teures Rentensystem, weshalb die internationalen Geldgeber einen Umbau fordern. Bereits vor dem Berliner Treffen hatte die Zeitung "Die Welt" unter Berufung auf Verhandlungskreise berichtet, Ministerpräsident Alexis Tsipras sei mittlerweile bereit, über Pensionskürzungen und ein späteres Renteneintrittsalter zu sprechen.

Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras (Foto: Reuters)
Bewegt er sich beim Thema Renten? Ministerpräsident Alexis TsiprasBild: REUTERS/Alkis Konstantinidis

Am Vormittag meldete sich Tsipras nun auch selbst zu Wort. "In der vergangenen Nacht wurde ein kompletter Plan übermittelt", sagte der Regierungschef im Bildungsministerium in Athen. Es seien "realistische" Reformvorschläge, um das Land aus der ökonomischen und sozialen Krise zu führen.

In den aktuellen Gesprächen auf Arbeitsebene zwischen Griechenland und seinen Geldgebern gab es bisher keine erkennbaren Fortschritte bei den umstrittenen Themen Arbeitsmarkt- und Rentenreform. Tsipras steht auch innenpolitisch unter Druck, weil die linksradikalen Kräfte seines Syriza-Bündnisses weitere Einschnitte ins Sozialsystem strikt ablehnen.

kle/as (rtr, dpa, afp)