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Atommülllager in Salzgitter darf gebaut werden

8. März 2006

Die Einrichtung des ersten deutschen Atommüllendlagers rückt näher: Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg wies vier Klagen gegen die Genehmigung für das Endlager im niedersächsischen Schacht Konrad ab.

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Einst wurde hier Eisenerz abgebautBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

Gegen die 2002 vom niedersächsischen Umweltministerium erteilte Genehmigung des Endlagers waren die Stadt Salzgitter, zwei Nachbargemeinden und zwei Anwohner vor das Gericht gezogen. Das Gericht in Lüneburg bestätigte damit als erstes deutsches Gericht eine atomrechtliche Genehmigung zur Endlagerung radioaktiver Abfälle. Eine Revision gegen seine Urteile ließ das Gericht in keinem der Fälle zu. Planungs- oder Eigentumsrechte der Kommunen würden von dem geplanten Endlager nicht beeinträchtig, hieß es in der Urteilsbegründung. Bundesumweltminister Sigmar
Gabriel erklärte daraufhin, er gehe davon aus, dass das Endlager errichtet werde.

In dem ehemaligen Eisenerzbergwerk soll schwach- und mittelradioaktiver Abfall aus ganz Deutschland dauerhaft unter der Erde eingeschlossen werden. Solcher Müll fällt in Forschungslabors, Kliniken oder der Industrie an. Schacht Konrad war 2002 nach langem politischem Tauziehen vom niedersächsische Umweltministerium genehmigt worden. Derzeit kann radioaktiver Abfall in Deutschland nur in Zwischenlager gebracht werden.

Bei Umweltschützern stieß das Urteil auf Kritik. Der Naturschutzbund NABU bezeichnete es als leichtfertig und unangemessen. "Über ein so weit reichendes Projekt wie ein Atommüllendlager darf letztendlich nicht nur mit rechtsformalen Begründungen entschieden werden", sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte Umweltminister Gabriel auf, die Inbetriebnahme zu verhindern.

Keine Gefahren für die Umgebung

Nach Auffassung des Gericht gehen von dem geplanten Endlager auch keine Gefahren für die Umgebung aus. Die Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung würden selbst an ungünstigen Stellen deutlich unterschritten. Auch die Einleitung von Abwässern aus dem Schacht in Oberflächengewässer habe keine nachteiligen Wirkungen.

Die Risiken durch Transporte zum Endlager seien zu Recht nicht in das Planfeststellungsverfahren einbezogen worden. Die Transporte würden in gesonderten Verfahren genehmigt.

Das Risiko eines terroristischen Angriffs mit einem Flugzeug auf das Endlager zähle nicht zu den anlageimmanenten Betriebsrisiken, heißt es weiter.

Wann mit dem Bau des Endlagers begonnen wird, ist noch offen. "Das ist Entscheidung der Bundesregierung. Das Land Niedersachsen hat seine Arbeit getan", sagte der Staatssekretär im Umweltministerium in Hannover, Christian Eberl. Sollte zum Jahresende mit dem Bau begonnen werden, könnte das Lager frühestens 2011 in Betrieb genommen werden.

Suche nach einem Konzept

Über den Ort eines Atommüll-Endlagers war in Deutschland jahrzehntelang gestritten worden. Nach dem Atomgesetz ist der Bund verpflichtet, ein Endlager zu schaffen. Es soll bis 2030 betriebsbereit sein. Ob Atommüll überhaupt sicher in tiefen geologischen Formationen eingeschlossen werden kann, ist wissenschaftlich umstritten.

Für hochradioaktiven Abfall aus Kraftwerken wurde bisher lediglich der niedersächsische Standort Gorleben in Betracht gezogen. Nach dem Atomkonsens von Rot-Grün wurde die Untersuchung des dortigen Salzstockes als Endlager zunächst unterbrochen. Wie es dort weiter geht, ist offen.

Alte Planungen

Schwach- und mittelradioaktiver Abfall sollten bereits nach alten Planungen des Bundes in Schacht Konrad eingelagert werden, einem ehemaligen Eisenerz-Bergwerk in Salzgitter. In den 1950er-Jahren wurden zwei Schächte bis knapp 1200 Meter in die Tiefe getrieben. Der 1965 begonnene Erzabbau wurde nach elf Jahren wieder eingestellt. In den Stollen dürfen laut Genehmigung 303.000 Kubikmeter Atommüll von geringer Wärmeentwicklung entsorgt werden.

Ferner gibt es zwei weitere Atommülllager, die offiziell nicht als Endlager genehmigt wurden: Die ehemaligen Salzbergwerke Asse bei Braunschweig (Niedersachsen) und Morsleben (Sachsen-Anhalt).

Morsleben wurde zu DDR-Zeiten seit 1971 für schwach- und mittelradioaktive Abfälle genutzt. Nach dem vorläufigen Ende der Einlagerung 1991 kam von 1994 bis 1998 westdeutscher Atommüll dorthin. Um Morsleben gab es ebenfalls schon viel Streit, auch vor Gericht. Selbst das Land hatte es als unsicher eingestuft. Es geht nicht davon aus, dass Morsleben als Endlager in Betracht kommt. Das Bundesamt für Strahlenschutz legte im September 2005 dem Umweltministerium in Sachsen-Anhalt einen Stilllegungsplan zur Genehmigung vor.

Asse war als Forschungslager geplant, dennoch wurden dort von 1967 an elf Jahre lang schwach- und mittelradioaktive Abfälle eingelagert. Seitdem wird versucht, das Lager dauerhaft sicher abzuschirmen. (kas)