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Atomwaffen an Bord? Die umstrittenen U-Boot-Geschäfte

5. Juni 2012

Der israelische Regierungschef Netanjahu hat sich direkt zu den umstrittenen U-Boot-Lieferungen aus Deutschland geäußert. Zu einer atomaren Bewaffnung aber sagte er nichts. Ebensowenig wie die Bundesregierung.

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Eines der umstrittenen U-Boote aus deutscher Herstellung
Bild: picture-alliance/dpa

Die von Deutschland gelieferten U-Boote seien "sehr wichtig" für die Sicherheit Israels, sagte Netanjahu der "Bild"-Zeitung. Die Bundesrepublik habe ihr Bekenntnis gerade durch den Verkauf eines weiteren Untersee-Bootes zum Ausdruck gebracht. Dies sei eine sehr wichtige Ergänzung der nationalen Sicherheit.

Der israelische Ministerpraesident Benjamin Netanjahu Foto: Oliver Lang/dapd
Der israelische Regierungschef Benjamin NetanjahuBild: dapd

Zur Frage der atomaren Bewaffnung, die ein Bericht des Nachrichtenmagazins "Spiegel" aufgeworfen hatte, äußerte sich der israelische Ministerpräsident nicht. Er betonte dafür, dass Israel niemals andere Nationen bitten werde, für sich zu kämpfen. "Es ist eine große Errungenschaft des jüdischen Staates, das wir uns gegen jede Bedrohung selber verteidigen können", sagte der Regierungschef. Er wisse Deutschlands Sorge um Israels Sicherheit zu schätzen, halte es aber mit Churchill: "Gebt uns die Werkzeuge, dann schaffen wir es schon selbst, uns zu wehren."

Doch um eben diese Werkzeuge gibt es seit dem Wochenende in Deutschland Aufregung. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" schreibt in seiner aktuellen Ausgabe, Israel bewaffne die in Kiel gebauten U-Boote mit nuklearen Sprengköpfen. "Mit Hilfe der maritimen Technik aus Deutschland ist es Israel gelungen, sich ein schwimmendes Atomwaffen-Arsenal zuzulegen", so der "Spiegel". Das wollte die Bundesregierung am Montag nicht kommentieren: Die Lieferung der U-Boote erfolge ohne Bewaffnung, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "An Spekulationen über die mögliche spätere Bewaffnung beteiligt sich die Bundesregierung nicht."

Es ist allgemein bekannt, dass Israel Atomwaffen hat, in Israel selbst ist das Thema aber ein Tabu. Die offizielle Linie der israelischen Regierung ist: "Wir dementieren nicht und bestätigen nicht." Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang von der "Bombe im Keller". Sie gehen davon aus, dass Israel über 200 bis 300 Atomsprengköpfe auf seinem Staatsgebiet verfügt. Atomar bestückte U-Boote würden es Israel ermöglichen, auf einen atomaren Angriff auf das eigene Staatsgebiet reagieren zu können. Gäbe Israel den Besitz von Atomwaffen offiziell zu, müssten die Verbündeten dazu Stellung nehmen. So aber können sie ebenso vage bleiben wie der deutsche Regierungssprecher an diesem Montag.

Debatte wegen U-Boot-Lieferungen nach Israel

Spitzentechnologie zum Sonderpreis

Die Bundesregierung begründet die Lieferung der U-Boote damit, dass Deutschland damit einen Beitrag zu Israels Sicherheit leiste. "Das ist deutsche Staatsräson, wie sie sich, aufbauend auf der historischen Verantwortung, in Deutschland entwickelt hat", so Regierungssprecher Seibert.

Für die Bundesregierung geht diese Verantwortung so weit, dass sie der israelischen Regierung einen Teil der Kosten erlässt. Die U-Boote der Dolphin-Klasse sind Sonderanfertigungen, die auf die militärischen Bedürfnisse Israels zugeschnitten sind. Ob besondere Trägersysteme für atomare Sprengköpfe mitgeliefert wurden, unterliegt der Geheimhaltung.

Trotz der fragilen Sicherheitslage im Nahen Osten hatte bisher keine Bundesregierung - gleich welcher Zusammensetzung - Bedenken, U-Boote an Israel zu liefern. "Alles, was schwimmt, geht", soll der frühere Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) gesagt haben. Von diesen staatlich geförderten Deals profitiert die deutsche Rüstungsindustrie, vor allem die Howaldtswerke-Deutsche Werft in Kiel. Beim geschätzten Stückpreis von gut 400 Millionen Euro ist jedes bestellte U-Boot ein Großauftrag. Bis 2017 will Deutschland drei weitere U-Boote an Israel liefern.

Aufklärung verlangt über Vertragsdetails

Auch die Opposition betont die besonderen Sicherheitsinteressen Israels, verlangt von der Bundesregierung aber nähere Informationen über den U-Boot-Deal. "Es geht darum, ob im Liefervertrag Abschussvorrichtungen für Marschflugkörper vorgesehen waren oder nachträglich eingebaut wurden", sagte der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich der Deutschen Welle. Die Oppositionsparteien wollen das Thema im Bundestag zur Sprache bringen.

Deutsche U-Boot-Lieferungen nach Israel

ml/nw/hp (dpa, afp, rtr)