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Atomwaffensperrvertrag in der Krise

Julia Elvers27. Mai 2005

Nur alle fünf Jahre wird der Atomwaffensperrvertrag überprüft. Trotzdem vergeudeten die Mitgliedsstaaten einen Großteil der vierwöchigen UN-Konferenz mit Formalien. Erst kurz vor Schluss ging es ans Eingemachte.

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Abrüstungs-Demonstration zu Beginn der UN-KonferenzBild: AP

Allein die Einigung auf eine gemeinsame Tagesordnung in New York dauerte fast zwei Wochen. Eine weitere Woche war nötig, bis sich das Plenum der 188 Vertragsstaaten auf die Besetzung der Arbeitsgremien einigen konnte. Für die eigentliche Arbeit zur Stärkung des Sperrvertrags blieben nur noch wenige Tage Zeit.

Das Durcheinander war abzusehen. Xanthe Hall von der Organisation "Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges" (IPPNW) berichtet, dass es in den letzten drei Jahren jeweils eine Konferenz gab, auf denen die Tagesordnung festgelegt werden sollte. Doch die Teilnehmer konnten sich nie einigen.

Xanthe Hall befürchtet, dass die Konferenz am Freitag (27.5.) ohne jegliche Einigung zu Ende gehen wird. Ein schlechtes Signal für die Abrüstungsexpertin der IPPNW: "Das wird die Staaten, die die USA als Feinde bezeichnet haben, motivieren Atomwaffen zu entwickeln, um sich vor den USA zu schützen."

"Abrüstung" versus "Recht auf zivile Nutzung"

Eigentlich gilt der Atomwaffensperrvertrag als der erfolgreichste weltweite Abrüstungsvertrag. Fast alle Staaten der Welt gehören ihm an. Er verpflichtet die offiziellen Atommächte zur Abrüstung, untersagt allen anderen Ländern Nuklearwaffen und garantiert ihnen gleichzeitig die zivile Nutzung der Atomenergie.

Doch hier liegt auch die Crux: Während die Vereinigten Staaten fordern, die nuklearen Ambitionen Irans und Nordkoreas scharf zu verurteilen, verlangen die blockfreien Staaten weiterhin konkrete Abrüstungsschritte der Atommächte USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und China.

Nordkorea gibt Besitz von Atomwaffen zu
Nordkorea hat sich am 10.02.2005 erstmals eindeutig zum Besitz von atomaren Waffen bekannt.Bild: dpa

Xanthe Hall hält es für einen Fehler des Atomwaffensperrvertrags, allen Vertragspartnern den Zugang zu Technologien der Anreicherung und Wiederaufarbeitung zu versprechen. Ihrer Meinung nach besteht immer die Gefahr, dass ein Land, das Atomenergie nutzt, irgendwann auch Atombomben baut. "Japan hat genügend Plutonium, um Atomwaffen zu bauen und könnte sagen: 'OK, wenn Nordkorea das macht, dann machen wir es auch'", sagt die Rüstungsexpertin.

Auswirkungen des 11. September 2001

Bei den letzten beiden UN-Konferenzen 1995 und 2000 hatten sich die Nuklearmächte noch zu konkreten Abrüstungsschritten verpflichtet. Doch seit dem 11. September 2001 spalten die Auslegung des Vertrages und der Umgang mit Nuklearmaterial die Weltgemeinschaft.

Washington fühlt sich seit den Terroranschlägen nicht mehr an alte Abrüstungs-Versprechen gebunden. Verantwortungsvolle Staaten wie die USA seien nun mehr denn je auf Atomwaffen angewiesen, heißt es. Die internationale Gemeinschaft aber müsse alle Energie darauf verwenden, Schurkenstaaten und Terrorgruppen von Atomwaffen fernzuhalten.

Für Xanthe Hall von IPPNW ein gefährliches Kalkül. "Wenn sich die USA nicht mehr an den Vertrag halten, tun andere Länder das eventuell bald auch nicht mehr." Die Folge: steigende illegale Atomwaffen-Produktionen.

Iran droht mit Ausstieg aus Vertrag

Iran Atomkraft
Atomkraftwerk Bushehr im SüdiranBild: dpa

Den USA ist vor allem der Iran ein Dorn im Auge. Der Iran beharrt darauf, dass die Uran-Anreicherung und Wiederaufarbeitung von nuklearem Brennstoff nach dem Atomwaffensperrvertrag sein gutes Recht sei. "Falls der Iran seine legitimen Rechte nicht nutzen kann, dann wird er diesen Vertrag auch nicht länger respektieren", sagte der iranische Verhandlungsführer Hassan Rowhani in New York.

"Die Drohung mit dem Ausstieg gleicht der Absicht, Atomwaffen zu entwickeln," sagt Xanthe Hall. "Die USA und Israel haben suggeriert, den Iran in diesem Falle anzugreifen." Angesichts dieser gefährlichen Entwicklung ist die Rüstungsexpertin frustriert darüber, dass Atomenergie die Bevölkerungen nicht weiter aufrege. So sei die UN-Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag weitestgehend an der Weltöffentlichkeit vorbei gegangen.