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Wird die EU irrelevant?

9. März 2012

Die Außenminister sorgen sich um den internationalen Einfluss der EU. Auch Syrien und der Iran standen auf der Agenda des informellen Treffens in Kopenhagen.

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Die Flagge der EU neben Fahnen der Mitgliedsstaaten (Foto: Getty Images)
Die Flagge der EU neben Fahnen der MitgliedsstaatenBild: Getty Images

Geld sparen durch gemeinsame europäische Botschaften im Ausland und eine bessere Nutzung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD). Das hat die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in ihrem Einladungsschreiben als Hauptthema dieses informellen Außenministertreffens in Kopenhagen angegeben – und damit einiges Kopfschütteln ausgelöst. Ashton wurde am Freitag (09.03.2012) gleich zu Beginn mit der Frage eines Journalisten konfrontiert, wie man sich angesichts der Gewalt in Syrien mit solch eher unwichtigen Fragen beschäftigen könne. Die Britin zeigt sich jedoch ungerührt. Die EU habe "einen vollkommen geeinten Standpunkt zu Syrien eingenommen" und versuche, die diplomatischen Bemühungen zur Lösung der Krise voranzutreiben.

Die Außenbeauftragte Catherine Ashton mit dem Gastgeber, dem dänischen Außenminister Villy Sovndal (Foto: EPA)
Die Außenbeauftragte Catherine Ashton mit dem Gastgeber, dem dänischen Außenminister Villy SovndalBild: picture-alliance/dpa

National gegen europäisch

Doch es gärt offenbar. Der französische Außenminister Alain Juppé hatte in einem Brief Ashton indirekt kritisiert. "Wir müssen die Arbeit des Europäischen Auswärtigen Dienstes verbessern und die Art und Weise, wie er mit den diplomatischen Bemühungen einzelner Mitgliedsstaaten zusammenwirkt", heißt es darin. Ashton wird seit ihrem Amtsantritt als Außenvertreterin der EU mangelnde Initiative vorgeworfen. Mehr Geduld mit dem EAD forderte dagegen der polnische Europaminister Mikolaj Dowgielewicz. "Vergessen Sie nicht, der EAD ist noch ein ziemlich kleines Baby. Er muss also noch wachsen und sichtbarer und stärker werden." Der finnische Außenminister Erkki Tuomioja glaubt, die Schuld treffe nicht Ashton, auch nicht den EAD, sondern die Mitgliedsstaaten. Ihre Bereitschaft der Zusammenarbeit habe nachgelassen. Sie "nutzen die EU nur, wenn es ihnen passt. Ansonsten führen sie ihren nationalen Ansatz weiter", sagte Tuomioja. Wenn die EU so weitermache, "werden wir irrelevant. Wer hört schon auf die EU"?

Ein europäischer Präsident?

Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle erklärte sich mit der Arbeit Ashtons zufrieden. Er macht sich allerdings ebenfalls Sorgen über eine Renationalisierung der europäischen Politik und sieht alte Vorurteile wieder auf dem Vormarsch. Europa könne sich weltweit nur behaupten, wenn es sich weiterentwickele, warnte er. Um die Gemeinsamkeit zu stärken, forderte Westerwelle zum Beispiel einen direkt vom Volk gewählten europäischen Präsidenten und eine europäische Verfassung. Bedenken, das seien weit in der Zukunft liegende Projekte, wischte er beiseite. "Wir sollten jetzt mit dieser Diskussion beginnen, denn wenn wir 500 Millionen Menschen mitnehmen wollen auf diesem Weg, dann wird das einige Jahre brauchen."

Bundesaußenminister Guido Westerwelle blickte in die Zukunft (Foto: AP)
Bundesaußenminister Guido Westerwelle blickte in die ZukunftBild: dapd

Hoffen auf russischen Sinneswandel

Zum Thema Syrien sagte Westerwelle, "der Zerfallsprozess von Assad hat begonnen". Eine Militärintervention lehnte er ab. "Wir müssen verhindern, dass in der Region ein Flächenbrand entsteht." Zur Rolle Russlands im UN-Sicherheitsrat, das mehrfach eine Syrien-kritische Resolution verhindert hat, äußerte Westerwelle die Hoffnung, "dass in Russland nach den Wahlen der Blick ein Stück klarer geworden ist." Sein luxemburgischer Amtskollege Jean Asselborn nannte es "fatal", sollten Russland und China eine solche Resolution weiter verhindern. Der Österreicher Michael Spindelegger hoffte unterdessen, dass es bald möglich sein werde, die syrische Bevölkerung in den Kampfpausen mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen. Ohne eine Einigung beider Seiten gehe das aber nicht. Von einem militärischen Schutz solcher Hilfstransporte riet er ab. Auch sei es zu früh, die syrische Opposition zu unterstützen, weil sie zu zerstritten sei. "Wir müssen erst einmal finden, wer die syrische Opposition ist."

Plakat des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad (Foto: Reuters)
Plakat des syrischen Präsidenten Baschar al-AssadBild: Reuters

Israelisches Säbelrasseln irritiert die Europäer     

In Bezug auf den Iran meinte Guido Westerwelle, Teheran habe es jetzt "selbst in der Hand, die Sanktionen abzuwenden", indem es zu ernsthaften Gesprächen zurückkehre und nicht zu solchen, "die nur für die Propaganda gedacht sind". Die EU sei entschlossen, eine nukleare Bewaffnung des Iran zu verhindern. Doch von einer Militäraktion riet er ab. Er distanzierte sich damit auch vom israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, der mehrfach offen von der Möglichkeit eines Militärschlags gesprochen hat. Westerwelle befürchtet, dass bereits solche Äußerungen eine Schwächung der internationalen Sanktionen mit sich bringen. "Je mehr über militärische Szenarien öffentlich diskutiert wird, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich noch andere Länder an der Sanktionspolitik beteiligen werden."

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Dеnnis Stutе