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AU beruft Geberkonferenz für Ostafrika ein

1. August 2011

Die Situation der Hungernden am Horn von Afrika wird von Tag zu Tag bedrohlicher - trotz der inzwischen angelaufenen internationalen Hilfe. Die Afrikanische Union kündigte eine Geberkonferenz zum Hunger in Ostafrika an.

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Viele somalische Flüchtlinge warten vor einer Hilfsstation in einer Schlange auf die Ausgabe von Lebensmitteln (Foto: AP)
Die Zahl der Flüchtlinge aus den Dürregebieten steigt täglichBild: dapd

Der afrikanische Kontinent und die gesamte Welt müssten sich Gedanken machen, wie sie das Leiden der Hungernden mindern könnten, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Afrikanischen Union (AU), Erastus Mwencha. Deshalb hat die AU für nächste Woche Dienstag (09.08.2011) in Addis Abeba, der Hauptstadt von Äthiopien, eine Geberkonferenz für die Opfer der verheerenden Hungersnot am Horn von Afrika angesetzt.

AU-Vizechef Mwencha (l.) besucht Flüchtlingslager in Mogadischu (Foto: AP)
AU-Vizechef Mwencha (l.) macht sich ein Bild von der Lage der Flüchtlinge in MogadischuBild: dapd

Mwencha rief bei einem Besuch in der somalischen Hauptstadt Mogadischu am Sonntag alle Regierungen des afrikanischen Kontinents auf, Hilfsmöglichkeiten zu prüfen. Die AU reagierte damit auf Kritik, die afrikanischen Staaten blieben angesichts der Hungerkrise weitgehend untätig. Bisher hat die Staatengemeinschaft erst 500.000 Dollar (umgerechnet etwa 347.000 Euro) zur Bekämpfung der Hungersnot gespendet.

"Größte Hungerkatastrophe der Welt"

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als zwölf Millionen Menschen in Somalia, Kenia, Äthiopien und Dschibuti von der Hungerkatastrophe betroffen. Und täglich würden es mehr werden, warnte UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos in New York. "Die Zukunft einer ganzen Generation steht auf dem Spiel." Am schlimmsten sei die Lage der Menschen in Somalia. Amos spricht von der "mit Abstand größten Hungerkatastrophe auf der Welt". Zehntausende Menschen seien bereits gestorben und "Hunderttausenden droht der Hungertod", sagte die Britin.

Ein fünf Jahre altes Kind liegt, völlig abgemagert und ermattet, in Mogadischu auf Decken (Foto: dapd)
Kinder sind besonders von der Hungerkatastrophe betroffenBild: dapd

Die ständigen Kämpfe in Somalia seien ein großes Hindernis für die Helfer. Trotz Hilfe aus der Luft mit Nahrung und Wasser seien große Gebiete im Süden des Landes komplett abgeschnitten. Amos forderte alle Kräfte in Somalia auf, die Helfer ungehindert ins Katastrophengebiet zu lassen. Deren alleiniges Ziel sei, Leben zu retten.

Die islamistische Al-Shabaab-Miliz gewährt Hilfsorganisationen bisher nur sehr beschränkten Zugang in die von ihnen kontrollierte Dürreregion. Zudem versuche die mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundene Miliz, die Männer in ihrem Einflussbereich daran zu hindern, sich dem Flüchtlingsstrom anzuschließen, berichten Flüchtlinge.

Starkregen zerstört Flüchtlingsbehausungen

Die Menschen flüchten in die Hauptstadt Mogadischu oder ins benachbarte Ausland - nach Kenia und Äthiopien. Heftige Regenfälle verschlimmerten am Wochenende die Lage zehntausender Flüchtlinge in Somalia weiter. Wegen der Dürre ist der Regen zwar bitter nötig, doch die Wucht der Niederschläge zerstörte viele Unterkünfte. Gerade die provisorischen Hütten der Flüchtlinge konnten kaum standhalten.

Flüchtlinge in der Hauptstadt Mogadischu (Foto: pa/dpa)
Flüchtlinge in der Hauptstadt Mogadischu: Inzwischen sind es mehr als 100.000Bild: picture-alliance/dpa

Auch die Versorgung der Flüchtlinge mit Lebensmitteln, Medikamenten und Trinkwasser wird immer schwieriger, wie die UN-Nothilfekoordinatorin berichtet. "Jeden Tag erreichen Tausende Menschen die Flüchtlingslager in Äthiopien und Kenia. Wir brauchen Unterkünfte, Wasser und sanitäre Einrichtungen." Der Druck auf die Gastländer, die selbst unter der Dürre litten, müsse verringert werden. Die Mitglieder der UN hätten zwar mehr als eine Milliarde Dollar (knapp 700 Millionen Euro) versprochen, es fehle aber noch eine weitere Milliarde.

Kritik: Internationale Hilfe nicht schnell genug

Die von der AU gestützte somalische Übergangsregierung in Mogadischu kritisierte unterdessen die Arbeit der internationalen Hilfsorganisationen als zu langsam. Die Krise sei weit schlimmer als von den UN dargestellt, erklärten Regierungsvertreter in Mogadischu. Allein in der somalischen Hauptstadt sollen sich bereits mehr als 100.000 Flüchtlinge aufhalten.

In den vergangenen Tagen lieferten sich AU-Truppen wieder heftige Kämpfe mit Truppen der Al-Shabaab-Miliz. Die AU habe die islamistischen Kämpfer aus der Umgebung der Flüchtlingslager in Mogadischu vertrieben, sagte der Sprecher der AU-Armee, Paddy Ankunda. Die AU wolle sicherstellen, dass Hilfsorganisationen die Hungernden weiter versorgen könnten. Die Angriffe der Extremisten aber gäben Anlass zur Sorge. Im Ramadan, der an diesem Montag beginnt, wird mit neuen Attacken der Islamisten gerechnet.

Vom Bürgerkrieg zerrüttet

Soldaten der Al-Shabaab-Miliz in Somalia (Foto: AP)
Al-Shabaab beherrscht weite Teile des Südens in SomaliaBild: AP

Somalia leidet seit Jahrzehnten unter einem Bürgerkrieg, der die Infrastruktur des Landes zum Erliegen gebracht hat. Der Einfluss der Übergangsregierung beschränkt sich weitgehend auf Mogadischu. Ohne die Unterstützung der AU wäre sie wohl auch dort bereits gestürzt.

Die Einmischung von außen hat die Krise nach Meinung vieler Beobachter weiter verschärft. Daher stieß auch die Forderung nach einem internationalen Eingreifen der UN, wie es etwa der Vizepräsident der Welthungerhilfe, Klaus Töpfer, gefordert hatte, teils auf Kritik. Der neue Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, Martin Kessler, warnte, die Forderung nach einem solchen Militäreinsatz führe "in die Irre". Seit 20 Jahren hätten sich die UN, die westlichen Staaten und die Nachbarländer in den somalischen Bürgerkrieg eingemischt. Alle Versuche, das Land durch militärische Intervention zu befrieden, seien jedoch erfolglos geblieben, sagte Kessler.

Autorin: Ursula Kissel (dpa, dapd, afp, epd)
Redaktion: Nicole Scherschun