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Porträt Hannes Köppen

20. Januar 2011

Extremsportarten sind für jeden, der sie betreibt, eine Herausforderung. Der Athlet muss an seine Leistungsgrenzen gehen. Für einen Sportler mit Handicap wie Hannes Köppen gilt das noch viel mehr.

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Der behinderte Extremsportler Hannes Köppen in seinem Rennrollstuhl. Foto: Hannes Köppen
Der Extremsportler Hannes Köppen in seinem RennrollstuhlBild: Hannes Köppen

Acht Tage, neun Stunden und sechs Minuten - Hannes Köppen und sein Team hatten es geschafft, die USA von West nach Ost zu durchqueren. Es war der bislang letzte Traum, den sich Köppen im Jahr 2009 erfüllt hat. "Das Leben ist zu kurz, um es mit langweiligen Dingen zu vertun", sagt der heute 53 Jahre alte Querschnittsgelähmte.

5.000 Kilometer und 30.000 Höhenmeter - zum ersten Mal schaffte ein Vier-Mann-Handbike-Team die Strecke in einer Zeit unter neun Tagen. Das ist auch das entscheidende Kriterium beim "Race Across America", dem jährlichen Rennen für Rad-Teams von Nicht-Behinderten.

Der Traum vom Triathlon

Hannes Köppen beim Vortrag vor Studenten. Foto: Hannes Köppen
Köppen bei einem Vortrag vor StudentenBild: Hannes Köppen

Bereits vor seinem Unfall - mit 26 Jahren, als er bei einer Rettungsaktion auf dem Standstreifen einer Autobahn schwer verletzt wurde - war Sport ein wichtiger Bestandteil seines Lebens. Im Ruhrgebiet aufgewachsen, spielte Hannes Köppen zunächst Fußball und fuhr Kanu. Bei der Bundeswehr entdeckte er den Langlauf für sich. Allerdings, so sagt er, tat er sich schwer, die Sportart zu finden, "für die ich mich wirklich begeistern konnte."

Es war Anfang der 80er Jahre, als die ersten Fernsehbilder vom Triathlon um die Welt gingen. "So eine verrückte Sache, dachte ich. So etwas muss ich auch mal machen", erinnert sich Köppen. Als dieser Traum begann, gehörte Köppen noch zu den "Fußgängern", wie er die nicht-behinderten Triathleten nennt. Kurze Zeit später passierte der Unfall. Der Traum schien geplatzt.

Eine "Utopie" verwirklichen

Die Gedanken an den Leistungssport kamen sehr schnell nach dem Unfall wieder. Zunächst widmete sich Hannes Köppen mit viel Disziplin und großem Trainingsaufwand dem Marathon. Rennrollstühle, das Äquivalent zum Laufen, waren damals schon relativ hoch entwickelt. Handbikes, also Fahrräder, die mit Handkraft bewegt werden, gab es dagegen erst Mitte der 1990er Jahre in vernünftiger Rennqualität - dank des Erfindungsgeistes gelähmter Tüftler.

Und so konnte Köppen seinen Traum doch noch verwirklichen: 1997 bestritt er seinen ersten Triathlon. 2007 wurde er Weltmeister - als erster deutscher Teilnehmer in der Handbike-Klasse für Querschnittsgelähmte! Der Ironman auf Hawaii sei für "Fußgänger" schon schwer, sagt Köppen. "Die gleiche Herausforderung als Querschnittsgelähmter ist eine Utopie." Diese Utopie zu verwirklichen, verschaffe "ein großes Gefühl der Befriedigung!" Ein Jahr später konnte er seinen Titel auf Hawaii erfolgreich verteidigen.

Arme aus Eisen

Hannes Köppen im Liegerad auf Hawaii. Foto: Hannes Köppen
Köppen im Liegerad beim Ironman auf HawaiiBild: Hannes Köppen

Die Faszination Ironman besteht für Köppen auch darin, dass die fünf behinderten Teilnehmer mit den anderen Athleten gemeinsam antreten. Gleiche Strecke, gleiche Regeln, gleiches Zeitlimit. Dennoch gibt es eine Situation, die selbst für einen außergewöhnlichen Sportler eine ganz besondere Herausforderung darstellt: 3,8 Kilometer Schwimmen im offenen Meer. Ein Querschnittsgelähmter muss das allein mit der Kraft seiner Arme bewältigen.

"Da kommt man sich vor wie unter Haien", sagt Hannes Köppen. Es sei nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine psychologische. Mit bis zu 2000 Sportlern auf engem Raum, "das ist Schwimmen wie in der Waschmaschine! Es kann sein, dass man mal ein, zwei oder drei Züge lang mit dem Atmen aussetzen muss. Dann darf man nicht in Panik verfallen." Man müsse darauf vertrauen, dass man eben beim nächsten Mal wieder Luft holen könne.

Identifikation mit Zielen

Im Sport und im Leben vertraut Dr. Hannes Köppen - der neben dem Leistungssport Biologie studiert hat - auf seine innere Stimme. Er hat auf die Warnsignale seines Körpers gehört und 2010 eine Auszeit genommen. Wie es genau weitergehen soll, verrät er nicht. Aber man hat das Gefühl, dass er wieder an der Verwirklichung eines Traums arbeitet.

"Ich habe im Sport alles erreicht, was ich erreichen wollte. Ich denke, man sollte sich nach einer bestimmten Zeit neuen Herausforderungen widmen." Für die Zufriedenheit im Leben spiele die Identifikation mit Zielen eine entscheidende Rolle, sagt Köppen. Nicht nur beim Sport. So solle man es im Leben mit allen Dingen machen: "In sich hineinhorchen und sich fragen: Was will ich wirklich?"

Autorin: Mara Thellmann
Redaktion: Wolfgang van Kann