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Roma in Deutschland

31. August 2010

Die Ausweisung von Roma aus Frankreich hat europaweit für Empörung gesorgt. Indes: Ausgewiesen oder - anders ausgedrückt - abgeschoben werden Roma auch aus Deutschland.

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Eine Gruppe Frauen und Kinder der Roma (Foto: Rom e.V.)
Diese Familie hat Angst vor AbschiebungBild: Rom e.V.

Streng genommen handelt es sich bei den hier in Deutschland lebenden Roma nicht um Bürger der Europäischen Union. Die Roma haben zur Zeit des Jugoslawien-Krieges in Deutschland Asyl erhalten, sollen aber nun nach Serbien, Bosnien oder in das Kosovo abgeschoben werden. So auch die 50-jährige Rosa und ihre Familie, die aus Mazedonien stammt. "Ich habe jetzt viel Angst, wenn wir nach Jugoslawien zurückgeschickt werden", erzählt sie verzweifelt. Vor Jahren kam sie mit ihrem Mann und ihren Kindern als Kriegsflüchtlinge hierher, denn in Jugoslawien waren sie ihres Lebens nicht mehr sicher.

Menschenunwürdige Lebensbedingungen

In den Empfängerländern aber sind Roma gar nicht willkommen, werden dort beschimpft und bespuckt, oft auch verprügelt. Von Infrastruktur für die Abgeschobenen, und seien es nur Auffanglager, könne in den meisten Fällen keine Rede sein, kritisieren Flüchtlingsorganisationen. Schulen oder eine Gesundheitsversorgung gebe es dort entweder gar nicht oder die Roma dürften sie nicht in Anspruch nehmen. Arbeitsmöglichkeiten werden ihnen verweigert. "Es ist Fakt, dass Menschen, die zwangsweise abgeschoben werden in Länder des ehemaligen Jugoslawien, nicht dort bleiben", davon ist die Flüchtlingsexpertin Iris Biesewinkel überzeugt.

Das gilt auch EU-intern, wie man am Beispiel Frankreich sieht: Frankreich schickt die Roma in die Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien. "Längst gibt es eine riesige Welle europäischer Binnenflüchtlinge. Es wird zwar immer gesagt, solche Flüchtlinge existierten nicht, aber die gibt es sehr wohl", meint Biesewinkel.

In Deutschland nur geduldet

Transparent Abschiebestopp (Foto: Rom e.V.)
Bild: Rom e.V.

Deutschland hatte während des Jugoslawien-Krieges die meisten Flüchtlinge als Asylsuchende aufgenommen. Unter der Voraussetzung, dass sie später, nach Ende des Krieges, wieder zurückkehren. In Deutschland lebende Roma haben daher zumeist den Status der Duldung und können jederzeit abgeschoben werden. Die wenigsten haben eine befristete Aufenthaltserlaubnis erhalten, die ihnen ermöglicht, eine Arbeit aufzunehmen und eine Wohnung zu mieten.

So vegetieren viele in Asylantenwohnheimen dahin, resigniert, ohne Hoffnung und ständig mit der Angst, in eine ungewisse Zukunft zurückgeschickt zu werden

Ein Verein will helfen

Logo von Rom e.V.
Bild: Rom e.V.

In Köln kümmert sich ein bundesweit einzigartiger Verein namens "ROM e.V." um die von Abschiebung bedrohten Menschen. "ROM e.V." arbeitet seit 1988 mit dem Ziel, den verhängnisvollen Kreislauf von Vertreibung oder Abschiebung, zunehmender Verelendung und Kriminalisierung zu durchbrechen. Der Verein hilft auch bei der Integration der Roma hier in Deutschland. Versuche, beispielsweise der Kölner Stadtverwaltung, die Lebensbedingungen für Roma-Flüchtlinge in Köln zu verschlechtern, stießen beim Verein und auch bei Kirchenvertretern auf massiven Widerstand. Schließlich wurde vom Rat der Stadt eine neue Flüchtlingspolitik beschlossen, die vor allem die Wohnbedingungen und soziale Betreuung verbessern sollte.

Neben der sozialen und der politischen Arbeit baut "ROM e.V." seit 15 Jahren ein Archiv und Dokumentationszentrum auf, das mittlerweile zu den europaweit größten Sammlungen zur Geschichte und Kultur der Roma zählt.

Täglich erhält Iris Biesewinkel, Leiterin der Flüchtlingsabteilung bei "Rom e.V." Besuch von verzweifelten Menschen, hört zu, übersetzt, spricht mit Behörden, tröstet. So erschütternd die Schicksale sind, die sie sich täglich anhört - die Kraft, gegen Behördenwillkür und unmenschliche Paragraphen zu kämpfen, haben sie und ihre Kollegen nicht verloren. So wird der Verein auch bis zuletzt alle Rechtsmittel ausschöpfen, um den Menschen, denen die Abschiebung droht, einen Aufenthalt in Deutschland doch noch zu ermöglichen.

Autor: Peter Kolakowski
Redaktion: Silke Wünsch