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Rechtsexperte: Polizei in Ferguson handelt rechtswidrig

Dagmar Breitenbach / jf20. August 2014

Die Unruhen in Ferguson dauern an. Die Polizei hat aber nicht nur Demonstranten, sondern offenbar auch Journalisten im Visier: Einige wurden festgenommen und bei ihrer Arbeit behindert - angeblich aus Sicherheitsgründen.

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Festnahme des Foto-Reporters Scott Olson am 18. August in Ferguson (Foto: Reuters)
Festnahme des Foto-Reporters Scott Olson am 18. August in FergusonBild: Reuters

Die Nationalgarde ist nach Ferguson beordert worden, von den Hauptschauplätzen der Proteste hält sie sich aber fern. Die Polizei versucht unterdessen die Situation, die nach den tödlichen Schüssen eines weißen Polizisten auf den 18-jährigen unbewaffneten Afroamerikaner Michael Brown eskalierte, mit harter Hand in den Griff zu bekommen - nicht ohne Konsequenzen für die Arbeit von Journalisten.

In den vergangenen Tagen wurden mehrere Journalisten an Recherchen zur Situation in der US-Kleinstadt gehindert. Ein Fotograf von Getty Images, der Bilder der Proteste machte, wurde vorübergehend inhaftiert. Genauso erging es Reportern der US-Zeitung "Washington Post" und der US-Online-Zeitung "Huffington Post". Ein Kamerateam des arabischen Senders Al Jazeera ist nach eigenen Angaben von der Polizei mit Tränengas angegriffen worden.

Am Montag wurden zudem drei deutsche Journalisten in Handschellen abgeführt und einige Stunden lang von der Polizei festgehalten. Sie sollen sich der polizeilichen Anordnung widersetzt haben, auf einer - menschenleeren - Straße nicht stehenzubleiben. Die Journalisten wollten Bilder einer in der vergangenen Woche geplünderten und ausgebrannten Tankstelle machen.

"Eklatante Verletzung der Pressefreiheit"

Die Vorschriften zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit in Ferguson sehen vor, dass Einzelpersonen in Bewegung bleiben müssen, wenn sie sich nicht in einer "organisierten Protestzone" befinden. "Das ist eine Methode, die die Behörden in den USA in den vergangenen 10 bis 15 Jahren vermehrt eingesetzt haben", so der Rechtsexperte Gregory Magarian von der Washington University in St. Louis. "Sie versuchen, die Demonstranten in ein abgeschlossenes Areal zu pferchen, um ihr Recht leichter durchsetzen zu können."

Demonstranten halten nach den tödlichen Schüssen auf Michael Brown Plakate hoch. Auf ihnen steht: "Hört auf uns zu töten." (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Ansgar Graw und Frank Herrmann gehören zu jenen Journalisten, die vorübergehend inhaftiert wurden. Graw, Korrespondent der Tageszeitung "Die Welt", sagte, die Polizei habe ihn und andere Journalisten an ihrer Arbeit gehindert. "Das ist eine eklatante Verletzung der Pressefreiheit." Herrmann, der für einige deutsche Regionalzeitungen schreibt, nennt die Begründungen für die Festnahmen "völlig absurd". Sie dienten offensichtlich dazu, Journalisten einzuschüchtern.

Überreaktion der Polizei

"Die Festnahme von Journalisten ist für Polizisten rechtlich nur zulässig, wenn die Polizei es mit einer Notfallsituation zu tun hat", sagte Magarian, dessen Spezialgebiet das Thema Pressefreiheit ist, der Deutschen Welle. Das gelte im Übrigen nicht nur für Journalisten. Unter diesem Gesichtspunkt sei keine der Festnahmen der Pressevertreter in Ferguson rechtmäßig gewesen.

"Es gibt zu viele Fälle, in denen die Polizei es auf Journalisten abgesehen hat. Und zwar nicht nur, während diese ihre Arbeit machen, sondern weil sie ihre Arbeit machen." Das verletze den 1. Zusatzartikel der US-Verfassung. Dieser Zusatzartikel verbietet Verstöße gegen die Pressefreiheit.

Die Gesetzeshüter in Ferguson und im St. Louis County lebten, so Magarians Einschätzung, offenbar in einer Art Blase - sie bekämen nicht mit, welchen Eindruck die Menschen in den USA und auf der ganzen Welt von ihrem Tun bekommen. "Ich weiß nicht, was passieren muss, damit diese Menschen verstehen, dass das, was sie tun, sehr vielen Menschen ganz schrecklich erscheint", sagte er.

Die deutsche Sektion der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) kritisierte die jüngsten Festnahmen scharf, nannte sie "völlig inakzeptabel". "Wir verlangen, dass Reporter in Ferguson ihre Arbeit machen können, ohne Angst vor Verhaftungen haben zu müssen oder gar davor, dass auf sie geschossen wird", teilte ROG-Vorstandssprecherin Astrid Frohloff in Berlin mit.