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Auch Hallervorden singt gegen Erdogan

11. April 2016

Das Verlangen der Türkei, den Moderator Böhmermann wegen seiner "Schmähkritik" an Präsident Erdogan vor Gericht zu stellen, wird in Berlin weiter geprüft und animiert Berufskollegen des ZDF-Mannes zu Nachahmungstaten.

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Kabarettist Dieter Hallervorden (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Jetzt hat auch der Grandseigneur des deutschen Kabaretts zum Mikrofon gegriffen. Im Streit um Satirefreiheit singt Dieter Hallervorden ein Spottlied über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan mit dem Titel: "Erdogan, zeig' mich an".

Darin heißt es unter anderem: "Ich sing' einfach, was du bist. Ein Terrorist, der auf freien Geist scheißt." In dem kurzen Song im Marschrythmus macht der 80-jährige Hallervorden darauf aufmerksam, dass Erdogan die satirischen Beiträge über sich mit seiner Reaktion erst populär gemacht habe. "Erdogan, Erdogan, mach' auch meinen Song bekannt. Erdogan, Erdogan, sei nur einfach wutentbrannt", singt der Kabarettist.

Gespräche in der Bundesregierung

In Berlin erklärte derweil Steffen Seibert, der Sprecher von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Prüfung des offiziellen Wunsches der Türkei nach Strafverfolgung von Jan Böhmermann werde ein paar Tage, aber nicht Wochen dauern. Noch an diesem Montag werde es erste Gespräche darüber zwischen dem Auswärtigen Amt, dem Justizministerium und dem Kanzleramt geben.

Böhmermann trägt im "Neo Magazin Royale" sein Gedicht über Erdogan vor (Foto: ZDF)
Böhmermann trägt im "Neo Magazin Royale" sein Gedicht über Erdogan vorBild: ZDF Neo Magazin Royale

Seibert betonte, die Freiheit der Kunst und die Pressefreiheit seien für Merkel weder nach innen noch nach außen verhandelbar. Dies gelte unabhängig davon, ob sie etwas für geschmacklos halte und davon, dass die EU mit der Türkei in der Flüchtlingskrise zusammenarbeite. Merkel hatte in einem Telefonat mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu nach Angaben ihres Sprechers gesagt, dass es sich bei dem Böhmermann-Gedicht um "einen bewusst verletzenden Text" handele.

Drei Jahre Haft möglich

Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts kann nach Paragraf 103 des deutschen Strafgesetzbuchs mit bis zu drei Jahren Gefängnis geahndet werden. Voraussetzung ist, dass der betroffene Präsident oder die Regierung seines Landes ein Verlangen nach Bestrafung bekundet und die Bundesregierung eine Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung ermächtigt.

Böhmermann hatte am 31. März ein Gedicht über Erdogan mit dem Titel "Schmähkritik" in seiner satirischen ZDF-Fernsehshow "Neo Magazin Royale" präsentiert - und vorher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass so etwas in Deutschland nicht erlaubt sei. Das Gedicht unterstellt Edogan unter anderem ungewöhnliche Sexualpraktiken. Das ZDF löschte den Beitrag im Netz. Anlass für das Schmähgedicht war Erdogans Protest gegen einen Satire-Beitrag des NDR-Fernsehmagazins "extra 3". Die türkische Regierung hatte deshalb den deutschen Botschafter in Ankara einbestellt.

wl/SC (dpa, rtr, afp, epd)