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Auf dem Weg in die EU

16. Mai 2003

- Die deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen vor dem Beitritt Polens zur EU

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Köln, 14.5.2003, DW-radio, Sabine Kinkartz

In einem Jahr wird Polen Mitglied der Europäischen Union sein. In den vergangenen Jahren hat das Land in einem Kraftakt versucht, die Angleichung an die EU ein gutes Stück voranzutreiben. In vielen Bereichen ist das gelungen, Polen hat aber immer noch viele Probleme. Deutschland ist als politischer und wirtschaftlicher Partner für Polen sehr wichtig. Umgekehrt ist Polen mit Blick auf den Außenhandel für die deutsche Wirtschaft ebenfalls sehr interessant. Über die deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen vor dem EU-Beitritt berichtet Sabine Kinkartz

Deutschland ist für Polen der wichtigste Handelspartner. Der deutsch-polnische Außenhandel hat sich in den vergangenen Jahren mit Steigerungsraten entwickelt, die in anderen Märkten kaum noch zu erreichen sind. Inzwischen nimmt Deutschland ein Drittel aller polnischen Exporte ab, in erster Linie sind es Maschinen und mechanische Geräte, Kraftfahrzeuge und Ersatzteile sowie Möbel. Umgekehrt steigen die Ausfuhren von Deutschland nach Polen immer noch im zweistelligen Bereich, und so ist Polen unter den mittel- und osteuropäischen Staaten Deutschlands wichtigster Handels- und Investitionspartner. Das Handelsaustauschvolumen liegt mittlerweile bei fast 30 Milliarden Euro, die Bilanz ist ausgeglichen.

Deutsche Unternehmen exportieren aber nicht nur in Polen, sie investieren auch. So gibt es heute annähernd 8.000 deutsch-polnische Joint-Venture-Unternehmen und Kooperationspartnerschaften. Deutsche Unternehmen haben bis jetzt acht Milliarden US-Dollar in Polen investiert. Darüber hinaus gibt es weitere Investitionszusagen, wie der polnische Wirtschaftsminister Jerzy Hausner erklärt.

"Es gibt Zusagen über weitere zwei Milliarden US-Dollar, das hat die Staatsagentur für Auslandsinvestitionen erhoben. Im Gegenzug investieren polnische Unternehmen aber noch viel zu wenig in Deutschland. Das wollen wir ändern und suchen derzeit nach Lösungen für dieses Problem."

Im Gespräch ist unter anderem eine deutsch-polnische Industrie- und Handelskammer, die das Engagement polnischer Unternehmen in Deutschland fördern könnte. Für deutsche Unternehmen ist der polnische Markt in mehrfacher Hinsicht interessant. Polen ist mit rund 38 Millionen Einwohnern ein großes Land. Die Kaufkraft und das Interesse an qualitativ hochwertigen Produkten sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Zum anderen verfügt Polen zunehmend über qualifiziertes Personal. So verfügen in der Region um Warschau beispielsweise 19 Prozent der Bevölkerung über einen Hochschulabschluss.

Das größte Hindernis für investitionswillige Firmen ist nach wie vor die polnische Bürokratie. Wenn es nach dem polnischen Wirtschaftsminister geht, soll sich das in Zukunft ändern. Probleme bereiten im deutsch-polnischen Verhältnis die immer noch

unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen. Trotz des rapide angestiegenen Lohnniveaus ist es rund vier mal niedriger als in Deutschland. Da die Arbeitslosigkeit in Polen mittlerweile auf über 18 Prozent gestiegen ist, nutzen viele Polen die Nähe zur Bundesrepublik aus, um dort illegal zu arbeiten. Das weiß auch der polnische Wirtschaftsminister.

"Es ist uns bekannt, dass es eine große Zahl illegal beschäftigter Polen in Deutschland gibt, die meisten von ihnen arbeiten auf dem Bau oder in deutschen Haushalten. Wir wissen aber nicht genau, wie viele es sind, Deutschland kann das auch nicht genau sagen. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass es auch 300.000 legal beschäftigte Saisonarbeiter in Deutschland gibt und dieses Kontingent wurde sogar erweitert."

Polen möchte nach dem Beitritt so schnell wie möglich die Freizügigkeit für alle Arbeitskräfte durchsetzen, doch das wird wohl noch etwas dauern. So ist eine Übergangsfrist von sieben Jahren vereinbart worden, an der die deutsche Seite nicht rütteln lassen will. Die Polen hoffen trotzdem, dass je nach wirtschaftlicher Entwicklung Kompromisse möglich sein könnten. (fp)