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Auf dem Weg zur allumfassenden Theorie

5. Oktober 2004

Den Physik-Nobelpreis 2004 erhalten drei US-Forscher für eine Entdeckung aus der Welt der Quarks. David Gross, David Politzer und Frank Wilczek erklären, wie die kleinsten Bausteine der Natur zusammengehalten werden.

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Je mehr man dehnt, um so stärker wird der Zug - auch im AtomkernBild: AP

"Unser Verständnis der Welt um uns herum ist durch die jetzt belohnten Arbeiten wesentlich vertieft worden", sagte der Vorsitzende des Komitees, Sune Sandberg, bei der Bekanntmachung der Vergabe in der Königlichen Wissenschaftsakademie. Konkret würdigte das Nobelkomitee die Entdeckung und Erforschung von starken Wechselwirkungen unter den "Legosteinen des Atomkerns", den Quarks. Auf den ersten Blick scheinen die Forschungen recht theoretischer Natur zu sein und wenig mit unserem Alltagsleben zu tun zu haben. Aber das ist weit gefehlt.

Nobelpreis Physik 2004 Combo
Die drei Nobelpreisgewinner im Fach Physik 2004: Frank Wilczek, David Politzer, David J. GrossBild: AP

Ein Beispiel: Die Bewegungen einer Münze, die sich auf dem Tisch dreht, wird von den Grundkräften bestimmt, die zwischen den Protonen, Neutronen und Elektronen wirken. Der Grund: 80 Prozent des Münzgewichts beruhen auf den Bewegungen und Prozessen im Inneren der Protonen und Neutronen des Atomkerns - also auf dem Zusammenspiel zwischen den Quarks. Genau um dieses Zusammenspiel geht es beim Nobelpreis 2004.

Gummiband im Atomkern

Bei ihren theoretischen Betrachtungen stießen die drei Physiker auf ein Paradoxon: Erstaunlicherweise ist die Kernkraft um so schwächer, je näher sich die Quarks kommen. Das ist ähnlich wie bei einem Gummiband: Je mehr man es dehnt, um so stärker wird der Zug. Kommen sich die Quarks sehr nahe, wird die starke Wechselwirkung schwach, die Elementarteilchen können sich fast so verhalten wie freie Partikel. Sind sich die Quarks fern, ist die starke Wechselwirkung groß: Die Quarks werden zusammengehalten. Dieses Verhalten der Kernkraft haben die Forscher "asymptotische Freiheit" genannt.

Geburt und Tod des Universums

Ihre Ergebnisse präsentierten Gross, Politzer und Wilczek bereits 1973. Die drei Wissenschaftler begründeten mit ihren Forschungen eine komplett neue Theorie, die so genannte Quantenchromodynamik. Sie gilt als bedeutender Beitrag zum Standardmodell der Physik. Gross (University of California), Politzer (California Institute of Technology) und Wilczek (Massachusetts Institute of Technology) hätten bei ihren Berechnungen "in sehr unorthodoxer Weise unnötigen Ballast abgeworfen, der andere bei ihren Lösungsversuchen scheitern ließ", so das Nobel-Komitee.

"Ihre Forschung hat ein Modell der Geburt, der Funktionsweise und letztendlich des Todes des Universums geschaffen", sagte der finnische Physiker Stig-Erik Starck. David J. Gross hat auf die Zuerkennung des Nobelpreises bewegt reagiert. Zugleich sagte er, er habe die Auszeichnung "in gewisser Weise erwartet. Über die Jahre mit immer besseren Ergebnissen von Experimenten wurde klar, dass unsere Theorie richtig ist. Die Natur ist der oberste Richter."

Geteilt durch drei

Den mit zehn Millionen Kronen (rund 1,1 Millionen Euro) teilen sich die drei Wissenschaftler. Auch der Physik-Nobelpreis 2003 war an drei Forscher vergeben worden: Alexei A. Abrikosow, Vitalij L. Ginzburg und Anthony J. Leggett, die die Theorie über Supra-Leiter und Supra-Flüssigkeiten weit vorangebracht hatten. (mb)