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Auf den Hund gekommen

Udo Bauer7. Januar 2002

DW-TV-Korrespondent Udo Bauer macht sich seine Gedanken über den sentimentalen Umgang der Amerikaner mit einem toten Labrador.

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Es war ein ganz normaler Nachrichten-Tag. Eher ruhig, keine "breaking news – jedenfalls nicht aus Sicht der Nachrichtenredakteure der US-Networks. Ein paar Dutzend Afghanen, deren Identität niemand kennt, starben im US-Bombenhagel, aber sonst…….
Halt! Eine erschütternde Nachricht kommt über die Nachrichtenticker: Buddy ist tot! Auf tragische Weise verstarb das Schmusetier von Bill Clinton bei einem Unfall an der Residenz der Clintons in Chappaqua im Staate New York. Der frühere "First Dog" war einer 17jährigen Schülerin vor’s Auto gelaufen und erlag noch am Tatort seinen schweren Verletzungen.

"Breaking news" – dank Buddy

Das war jedem Sender eine Geschichte wert, denn der Nachrichtenprofi weiss, dass so etwas die Zuschauer zu Tränen rührt. Ein Griff ins Archiv, und da sind sie wieder, die Bilder, die wir alle kennen und nach einem Jahr Bush-Regentschaft schon fast wieder vergessen hatten: Bill Clinton entsteigt dem Präsidenten-Hubschrauber auf dem Rasen des Weißen Hauses und Buddy begrüßt sein Herrchen mit sichtbarer Freude (wedelnder Schwanz). Kommentar des NBC-Reporters: "Inmitten des Monicagate-Skandals war Buddy einer der wenigen, die noch zu Clinton hielten." Da kann auch der hartgesottenste Republikaner seine Tränen kaum zurückhalten – der arme Hund, er konnte ja nichts wissen! Auch er, belogen und hintergangen von seinem Herrchen.

Anarchist und Schoßhund

Jetzt stellt sich der Reporter selbst die Frage: Warum sind wir, ganz allgemein, so interessiert an den Tieren unserer Präsidenten? Nun, weil sie sich einen Dreck scheren um Political Correctness und die Würde des Weissen Hauses – sie machen einfach in den Rosengarten! Buddy war so ein kleiner Anarchist, ein temperamentvolles Bewegungstalent inmitten steifer Ernsthaftigkeit. Das genaue Gegenteil sind die aktuellen "First Dogs" der Familie Bush: Ein Scottish Terrier namens Barney und ein English Spaniel namens Spotty, zu bewundern übrigens auf www.whitehouse.gov. Die beiden sind echte Schoßhündchen, von denen noch keinerlei Streiche bekannt geworden sind. Spotty und Barney sind einfach zu artig!

Skandal im Weißen Haus

Es gibt viele tierische Geschichten aus dem Weißen Haus, sogar einen kleinen Skandal. Zum Beispiel hatten die Amerikaner dem früheren Präsidenten Franklin D. Roosevelt lange nicht verziehen, dass er seinen kleinen Beagle vor laufenden Kameras einmal an den Ohren einen halben Meter hochgezogen hatte. Roosevelts Glück war, dass die USA sich damals im Zweiten Weltkrieg befanden. Ein paar Tage lang aber war die Tiergeschichte im Weissen Haus wichtiger als die Kriegstoten.
Hier schliesst sich der Kreis zu den Nachrichten am Tage von Buddys Tod. Möge er in Frieden ruhen.