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Auf der Suche nach Alternativen

Klaus Feldkeller17. November 2003

Am Wochenende (15./16.11.) ist das Zweite Europäische Sozialforum in Paris beendet worden. 50.000 Teilnehmer fanden sich zusammen, um über Alternativen zur neo-liberalen Globalisierung zu sprechen. Mit Erfolg?

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Noch immer tun sich etablierte Organisationen wie die Gewerkschaften schwer, gemeinsam mit jungen und alternativen Menschen auf einer Bühne zu erscheinen. Doch den Interessenvertretern der Arbeitnehmer wie IG Metall und Verdi laufen die Mitglieder weg und da schaut man sich beizeiten nach Nachwuchs um, der die lichten Reihen schließen kann.

Doch die Unterschiede zeigen sich in Paris schon im Formellen: hier die Funktionäre wie Verdi-Chef Frank Bsirske im Business-Look, dort die unorthodoxen Protestler mit Palästinenser-Schal. Aber die Annäherung zeigt auch, dass der Sozialabbau in den Industriestaaten immer weitere Kreise zieht und auch vermeintlich etablierte Arbeitnehmer trifft, die nach Alternativen suchen.

Ziele waren zu ambitioniert

Während es beim Auftakt-Forum im vergangenen Jahr in Florenz um die Definition von gemeinsamen Positionen der unterschiedlichsten Gruppen von Kirchen bis hin zu sozialistischen Parteien ging, sollten in Paris konkrete Alternativen zum globalen Wirtschaftsliberalismus gefunden werden. Doch dieses Ziel erwies sich wohl als zu ambitioniert. Über eine angestrebte pan-europäische Protestveranstaltung Anfang des kommenden Jahres und ein kommendes Sozialforum im nächsten November in Großbritannien kamen die Organisatoren nicht hinaus.

Und dennoch war das 2. Europäische Sozialforum mehr als eine unverbindliche außerparlamentarische Protestkundgebung. Zumindest im Gründerland von "Attac", in Frankreich, hat die soziale Bewegung einen Niederschlag im politischen Raum gefunden, der über den Kreis von intellektuellen Zirkeln hinausgeht. So können sich laut Meinungsumfragen immer mehr Wähler den prominenten Kopf von Attac, den Bauernführer Jose Bove, als Alternative auf dem Wahlzettel etwa zu den Links-Parteien wie der von Ex-Premier Lionel Jospin vorstellen.

Attac bald auch in Deutschland einflußreicher?

In Deutschland stellt sich die Situation derzeit noch anders da. Attac zählt zwar auch hierzulande mit einigen Tausend Mitgliedern zur neuen Kraft auf dem linken Spektrum, konnte jedoch bislang wenig politischen Druck auf das Parteien-System entfalten. Dies könnte sich jedoch schon bald ändern, nimmt man beispielsweise die Demonstration vom 1. November zum Maßstab, als über 100.000 Menschen in Berlin gegen den Sozialabbau demonstrierten.

"Ein anderes Europa ist möglich" lautete die Parole in Florenz - "Ein anderes Europa bauen" die in Paris. Schon bald müssen die Globalisierungskritiker mit ihren Widersprüchen leben. Sie wollen keine Macht ausüben und haben kein überzeugendes Alternativ-Projekt.

Globalisierungsgegner uneinig

Einige wollen die Globalisierung ändern, jedoch nicht auf sie verzichten. Andere wollen den Nationalstaat schützen und den Protektionismus wieder einführen. Die Globalisierungskritiker werden sich bald über diese entscheidenden Punkte einig werden müssen, wenn sie von den etablierten Kräften in Politik und Wirtschaft ernst genommen werden wollen.

Das kommende Forum in London wird zeigen müssen, wie der Kontinent mit konkreten Projekten befruchtet werden kann. Denn sonst droht der Bewegung der Anti-Globalisierer die Puste auszugehen.