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Auf der Suche nach den Gästefans

Tobias Oelmaier28. April 2014

Während die Teams von Real Madrid und Bayern München ihr Abschlusstraining vor dem Champions-League-Halbfinale absolvierten, haben wir uns auf die Suche nach spanischen Fans in München gemacht.

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Real Madrid-Fan Ramon im Hofbräuhaus in München
Real-Fan "Ramon" im Münchener HofbräuhausBild: DW/T. Oelmaier

Montag, 18:45 Uhr. Noch 27 Stunden bis zum Anpfiff. Bayern München gegen Real Madrid. Champions League. Halbfinale. Das Spiel der Spiele. Ronaldo, Bale, Benzema gegen Schweinsteiger, Robben, Ribéry. Das Beste, was die Fußballwelt momentan zu bieten hat. Am Flughafen Franz-Josef-Strauß im Münchener Norden ist davon nichts zu spüren. Der Andrang am Fanshop des FC Bayern: normal. Eine Frau kauft ein Trikot in Kindergröße. Zwei Herren mittleren Alters stehen ratlos vor einer schier unüberschaubaren Auswahl an Schals. "Mia san mia" oder doch "Deutscher Meister 2014"? Oder "Rekordmeister"? Spanische Fans, Anhänger von Real Madrid, sind hier jedenfalls nicht zu entdecken.

Auch nicht auf der Fahrt mit der S-Bahn in die Innenstadt. Australier, Japaner, Slawen - vielleicht Russen, und vor allem Italiener. Am Hauptbahnhof das selbe Bild. Alle Nationen sind da vertreten, nur keine Spanier, keine Madrilenen. Wissen die nicht, worum es geht? Amigos, ihr wollt doch eure "Décima", euren zehnten Titel bei den Landesmeistern oder in der Champions League. Und dazu müsst ihr erst noch den FC Bayern aus dem Weg räumen. Thomas Müller, "unser" Urbayer, hat extra die Fans in die Pflicht genommen. Der weiß genau, worauf es ankommt, dass das Team ohne den "zwölften Mann" auf der Tribüne, in den Kurven keine Chance hat gegen die stolzen Spanier. Vor allem nicht nach dem 0:1 im Hinspiel.

Mehr Kollegen als Fans

Aber Real scheint eine solche Unterstützung gar nicht nötig zu haben. Denn auch in der Fußgängerzone zwischen Stachus und Marienplatz tummeln sich Chinesen, Amerikaner und immer wieder Italiener. Juventus, Milan, Inter und Neapel sind doch längst ausgeschieden. Was wollt ihr dann hier am Tag vor dem Halbfinale? Da aber dann doch endlich spanische Töne: Ein fünfköpfiges Kamerateam hat sich am Marienplatz aufgebaut, der kleine, elegant gekleidete Reporter spricht irgendwas von Pep Guardiola in sein Mikrofon, vom wichtigen Spiel morgen, zählt immer wieder Namen auf von denen, die Real zum Sieg verhelfen sollen. Solche Szenerien lieben Fernsehteams für ihre Vorberichte: Das weltberühmte Bauwerk im Hintergrund, hier das Münchener Rathaus, und idealerweise eine Meute enthusiastischer Fans in Erwartungshaltung, die Fahnen schwenkend für Stimmung sorgen. Aber Stimmung macht nur eine italienische Schulklasse.

Reporter von Fox Sports Argentinien USA in München (Foto: Tobias Oelmaier)
Kamerateam von Fox Sports auf dem MarienplatzBild: DW/T. Oelmaier

"Die Fans kommen morgen früh", sagt der Redakteur. Und davon auch nicht sehr viele. 500 sagen die einen Quellen, 4000 die anderen. "Die Spanier haben kein Geld in Zeiten der Krise." Außerdem seien die Anhänger spanischer Vereine ohnehin eher dezent. Angetrunken, in Fußballtrikots gewandet, Schlachtgesänge brüllend durch die Straßen ziehen, das ist wohl eher deutsche Fankultur, lässt der Kollege durchklingen, ohne es so auszusprechen. Zu meiner Ernüchterung muss ich dann noch feststellen, dass das Team von Fox Sports aus Argentinien und aus den USA kommt - und nicht etwa aus Spanien.

Der einsame Spanier

Also wirklich gar keiner da? Letzte Hoffnung: Hofbräuhaus. Der Magnet für Touristen in der Stadt. Das Brauhaus ist knallvoll mit Leuten. Fußballfans? Auf den ersten Blick nicht zu erkennen. "Doch", sagt der Kellner, "man merkt das schon, dass morgen Champions League ist. Wir sind zwar immer voll, aber heute ist das Publikum ein wenig anders." Wie anders, will ich wissen. "Sind Spanier da?" "Ja, schon", sagt er gehetzt, "ein paar." Also mache ich mich weiter auf die Suche, gehe Reihe für Reihe durch, während die Kapelle das Trinklied "Oans, zwoa, gsuffa" einstimmt. Und tatsächlich: Da sitzt einer. Weißes Real-Trikot, und spanisch spricht er auch noch. Ob er extra fürs Spiel gekommen sei, frage ich ihn. "Si!", sagt er, für zwei Tage. Mittwoch geht’s zurück. München gefällt ihm und seiner Familie, Bayern sei Favorit, beteuert er artig und wirkt dabei so kultiviert und zurückhaltend. So gar nicht wie deutsche Fans bei Auswärtsspielen. Vielleicht sind ja diesmal die sonst als so ruhig geltenden Bayern-Fans das Zünglein an der Wage.