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Auf der Suche nach den perfekten Eiern

Patrick Tippelt und Martina Straumann, Bangkok26. Juni 2006

Thailands Küche, bekannt und geschätzt auf der ganzen Welt, ist immer für eine Überraschung gut. Sie glauben, Sie kennen schon alles? Willkommen in der wunderbar gesunden Welt des Insekten-Imbisses!

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Knackiger Salat von der grünen Papaya. Garnelen an Tamarindsauce. Pikantes grünes Curry mit Geflügel. Was in Deutschland für teures Geld in schicken Restaurants angeboten wird, verzehren auf Bangkoker Straβen Bauarbeiter für ein paar Cents. Nicht umsonst ist die Thai-Küche rund um den Globus bekannt – frischeste Zutaten, perfekt abgestimmte Kombinationen von beißend scharf und süβ, und nicht zuletzt ein Wohl für Augen und Gaumen.

Vor allem nachts aber gieren viele Thais nach salzig-knusprigen Knabbereien. Ob sonnengetrocknete Tintenfische am Spieβ oder Schweinegebärmutter in schwarzer Brühe – die Stunden nach Mitternacht (und mit Alkohol im Blut) scheinen andere, dunklere Gelüste zu wecken. Ein Dauerbrenner unter den nächtlichen Imbissen: frisch zubereitete Insekten.

Geröstet, frittiert oder geräuchert?

Die Kreaturen – in (westlichen) Horrorfilmen zur totalen Abschreckung missbraucht – sind für viele Thais echte Leckerbissen, ob geröstet, frittiert oder geräuchert. Heuschrecken sind da schon fast ein Stereotyp. Auf dem Tagesmenü stehen leckere Riesenmehlwürmer, Wasserkäfer, diverse Larven und Seidenraupen. Ameiseneier gelten als eine solche Delikatesse, dass Liebhaber stundenlange Fahrten quer durch die Stadt auf sich nehmen, um an einem bestimmten Stand zu snacken.

Mag der frisch angekommene Tourist auch vor Ekel zurückschrecken (bevor die Kamera gezückt wird, für den Horrormoment Zuhause), die Imbissstände mit Insekten im Angebot werden schon zur Mittagspause von Bangkokern belagert. Und warum auch nicht? Das Kleingetier ist reich an Mineralien, Vitaminen, Eiweißen und Ballaststoffen (in Form von Chitin aus den Panzern). Und immerhin galten Insekten in der Antike auch in unseren Breitengraden als Gaumenschmaus. Während so mancher Bangkoker behauptet, nur rückständige Bauern aus dem Nordosten Thailands verzehrten das Getier – ein Blick auf die Straβen der Stadt nach 12 Uhr mittags beweist das Gegenteil. Bei den saftigen Insekten hört jedes regionale Vorurteil auf.

Proteindiät als Krisenlösung

Im Vorjahr riefen hiesige Behörden die thailändische Bevölkerung sogar zum Massenverzehr von Insekten auf, nachdem diese mehr als die Hälfte der Ernte in Thailand vernichtet hatten. Proteindiät als Krisenlösung.

Rettet den Käfer!

Dieses Jahr schlägt das Umweltministerium wiederum Alarm. Diesmal jedoch geht es um die Rettung der Insekten. Genauer, um die Erhaltung des thailändischen Riesenmistkäfers – und seinen Nachwuchs. Während ausgewachsene Exemplare von eifrigen Insektensammlern aufgespieβt werden, verzehren viele Thais die weißen, saftigen Puppen kurz vor dem Schlüpfen – und rotten die 40 Millionen Jahre alte Art langsam aus. Der heimische Käfer zeichnet sich durch seine Gröβe aus; rund fünf Zentimeter breit und handtellergroβ wird die Gattung.

Naturschützer sind dermaβen besorgt, dass sie vor kurzem das erste Mistkäfer-Reserat ins Leben riefen. Andere fordern nun ein Gesetz zum Schutz des Riesenkäfers. Doch ein solches wird den Appetit der Thailänder auf die Kleintier-Delikatessen kaum zügeln. Und kein Politiker würde sich damit Freunde schaffen.