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Kampf den Steueroasen

17. April 2009

Die Schweiz, Luxemburg, Liechtenstein, Monaco, aber auch die Cayman Islands oder Guernsey zählen zu den Steueroasen dieser Welt. Dem deutschen Fiskus sind sie ein Dorn im Auge.

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Das Fürstentum Monaco aus der Luft (Foto: Fürstentum Monaco)
Steuerparadies MonacoBild: AP

Düsseldorf Flughafen, im Februar und März 2009. Entgegen den sonstigen Gepflogenheiten kontrolliert der Zoll über einen Zeitraum von vier Wochen nicht nur bei der Einreise nach Deutschland, sondern auch bei der Ausreise. Mit Erfolg. Bei deutschen Fluggästen finden die Zöllner unter anderem Kontoauszüge von Banken im Ausland im Wert von 5,7 Millionen Euro. Ein Fall für die Finanzbehörden, die an Hand der Auszüge klären müssen, ob das Geld legal oder illegal im Ausland liegt.

Doch das ist alles nicht so einfach, wie es sich anhört. Da gibt es, so der nordrhein-westfälische Steuerfahnder Joachim Wimmer, ein rechtliches Problem. Denn die Frage ist, ob eine Landesfinanzverwaltung diese Auszüge überhaupt auswerten darf? Die Zollfahnder verweigern die Weitergabe der Auszüge und berufen sich dabei auf das Gesetz. Joachim Wimmer: "Wir versuchen natürlich, Wege zu finden, die Auszüge so zu transportieren, dass die Finanzverwaltung sie trotzdem auswerten darf, aber direkt ist es nicht legitimiert. Wenn wir uns die Flughäfen in Deutschland angucken und die Außengrenzen angucken, haben wir noch keine einzige Kontrollmöglichkeit, die effektiv ist."

In schweren Fällen drohen Haftstrafen

Illustration: Eine Brille liegt auf dieser Illustration auf einer Ausgabe des Dudens ueber Begriffen rund um das Wort Steuer. (Foto: AP)
Wenn Steuerfahnder Kontoauszüge auswerten, kann es brenzlig werdenBild: AP

Der Kampf gegen die Steuerhinterziehung, er mutet an wie der sprichwörtliche Kampf gegen Windmühlen. Es gibt zwar einen Strafrahmen, der von Geldstrafe bis zur Freiheitsstrafe von fünf, und in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahren reicht, doch häufig mangelt es am Vollzug, sagt Wolfgang Joecks. Er ist Professor für Strafrecht an der Universität Greifswald: "Wenn man nicht die Instrumente schafft, etwa um Erkenntnisse über Einkünfte im Ausland zu haben, dann wird es sehr schwer sein, die Leute durch eine höhere Strafandrohung zu motivieren, weil sie kein Risiko sehen."

Die richtigen Instrumente gegen Steuersünder schaffen, das will Bundesfinanzminister Peer Steinbrück seit Jahren. Doch sein jüngster Gesetzentwurf zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung ist in der Großen Koalition seit Monaten so umstritten, dass er noch nicht im Kabinett abgestimmt werden konnte.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wie Länder vom Geschäft mit dem Geld leben.

Milliardenverluste durch Schwarzgeld

Symbolbild: grünes Schild mit Aufschrift Steuerparadies (Foto: DW)
Keine Vertreibung aus dem Steuerparadies

Mit dreistelligen Milliardensummen muss der Staat zur Zeit der Konjunktur unter die Arme greifen. Der Schuldenberg wächst. Da haben Verluste bei den Steuereinnahmen beispielsweise durch Schwarzarbeit oder auch durch Schwarzgeldanlagen im Ausland eine wachsende Bedeutung. Wie hoch die Gelder sind, die dem Staat auf diese Weise entgehen, kann nur geschätzt werden. Weltweit sollen es etwa 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr sein. Die Nichtregierungsorganisation Tax Justice Network geht davon aus, dass auf ausländischen Bankkonten bis zu 11,5 Billionen US-Dollar liegen.

Dieter Ondracek, der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, hat die Zahlen für die Tochtergesellschaften deutscher Banken im Ausland: Rund 90 Milliarden Euro sollen es sein, die von deutschen Unternehmen und Privatpersonen bei ausländischen Filialen von deutschen Banken angelegt sind.

In der Schweiz sind zwei Billionen Franken angelegt

Die Geldanlage im Ausland ist grundsätzlich legal, so lange man sie nicht vor dem Fiskus verschweigt. Auch das kann durchaus Steuern sparen. Viele Länder leben von diesem Geschäft. In der Schweiz beispielsweise werden Vermögenswerte im Umfang von etwa zwei Billionen Schweizer Franken verwaltet. Davon sollen drei- bis vierhundert Milliarden Euro aus Deutschland stammen. Doch wie groß ist daran der Anteil an Schwarzgeld? Schätzungen gehen von bis zu 50 Prozent aus. Dem widerspricht Urs Roth von der Schweizerischen Bankiersvereinigung. Der große Teil des Geldes, so Roth, sei kein Schwarzgeld, also keine Steuerhinterziehung oder Steuerbetrug. Schließlich gebe es in der Schweiz keine anonymen Konten. Die Schweiz habe sehr genaue Regeln erlassen, die seit Jahren durchgesetzt würden.

Monte Rosa Gletscher mit Skiläufern (Foto: DW Burmann)
Die Schweiz ist Ski- und Steuerparardies zugleichBild: DW / Burman

Tatsächlich wird in der Schweiz zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung ganz klar unterschieden. Letzteres ist nach Ansicht der Schweizer nicht strafbar. Wie sollte es auch, fragt Lorenz Jarass, Professor für Wirtschaftswissenschaften University of Applied Sciences Wiesbaden. "Wie wollen Sie jemandem, der von einem unfairen Steuerwettbewerb und von systematischer Steuerhinterziehung profitiert, beibringen, dass er diesen Vorteil, der sich für ihn in barer Münze, in Mark und Pfennig, auswirkt, aufgeben soll? Da nutzen keine anderen, besseren internationalen Kooperationen. Eine bessere internationale Kooperation bekommen Sie, wie bei einem Viehhandel auch, nur dann erfolgreich hin, wenn beide ähnliche Interessen haben. Und derzeit gibt es diese ähnlichen Interessen nicht."

Der Bundesfinanzminister macht Druck

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit erhobenem Zeigefinger (Foto: AP)
Finanzminister Steinbrück will Steuersündern an den KragenBild: AP

In den letzten Monaten hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück den internationalen Druck massiv verstärkt. Im Rahmen der G-20-Konferenz wurde eine sogenannte schwarze Liste der OECD erstellt, auf der sich kurzzeitig Costa Rica, Malaysia, die Philippinen und Uruguay wieder fanden. Nachdem es Zugeständnisse gab, die internationalen Standards zur Verhinderung von Steuerbetrug umzusetzen, wurden die vier Länder auf die sogenannte graue Liste versetzt, auf der auch die Schweiz, Luxemburg, Österreich und Belgien stehen. Die OECD will nun darüber wachen, ob und wie die betreffenden Länder ihre Gesetze so ändern, dass künftig zwischen den nationalen Finanzbehörden Informationen über verdächtige Konten oder Transaktionen ausgetauscht werden können.

Bis jetzt, da sind sich viele Experten einig, hat sich beim Thema Steuerhinterziehung allerdings nicht viel getan. Der Bundesfinanzminister hofft daher, dass er sein Gesetz zur Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken und der Steuerhinterziehung noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg bekommen wird. Und es gibt durchaus Signale von der Union, dass das der Fall sein könnte. Dann müssten sich Deutsche mit hohen Jahreseinkommen darauf einstellen, dass ihnen die Finanzbehörden künftig schärfer auf die Finger schauen und die Kontrollen deutlich ausgeweitet würden.

Autor: Sabine Kinkartz

Redaktion: Monika Lohmüller