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Auf zu neuen Ufern

Peter Kolakowski29. Mai 2005

Er wollte ein Signal des Aufbruchs setzen: Der 30. Deutsche Evangelische Kirchentag in Hannover. Eins wurde klar: Kirche ist alles andere als langweilig.

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Abschlussgottesdienst beim Evangelischen Kirchentag in HannoverBild: AP

Mit einem feierlichen Abschlussgottesdienst ging der 30. Evangelische Kirchentag zu Ende. Der liebe Gott hatte es offenbar gut mit den Kirchentagsbesuchern gemeint. Bei Temperaturen bis 30 Grad trübte während der gesamten fünf Tage kaum ein Wölkchen den strahlend blauen Himmel. Entsprechend war die Stimmung auf dem Messegelände und in den Hallen. Statt über die drängenden innerkirchlichen und gesellschaftspolitischen Fragen zu lamentieren und zu resignieren, herrschte Aufbruchstimmung vor.

Die Teilnehmer beließen es allerdings nicht dabei, gegen etwas zu protestieren, sondern vor allem zu demonstrieren: Dass nämlich eine bessere Welt möglich ist, in der nicht Angst, Armut, Krieg und Ungerechtigkeit bestimmend sein müssen, sondern Mut, Hoffnung, Respekt vor dem Nächsten, Frieden und Teilhabe. Impulse gab es auf den über 3000 Veranstaltungen dafür mehr als genug. Nicht Innerkirchliches stand dabei ganz oben auf der Agenda. Veranstalter und Teilnehmer haben vielmehr gezeigt, dass Kirchenpolitik gerade heute eine gesellschaftspolitische Querschnittsaufgabe darstellt.

Bio- und Gentechnik

Schröder auf dem Kirchentag
Bundeskanzler Gerhard Schröder mit afrikanischen Gästen auf dem KirchentagBild: AP

Unter dem Kirchentagsmotto "Wenn dein Kind dich morgen fragt ...", das dem Buch Mose entnommen ist, wollte dieser Kirchentag vor allem den Blich auf die Familienpolitik lenken. Denn eine Gesellschaft ohne Zukunft habe keine Kinder. So wurde erstmals für die rund 12.000 Jungen und Mädchen ein Kinder-Kirchentag ausgerichtet, während die Älteren gemeinsam mit Spitzenvertretern aus Kirche, Politik und Wissenschaft kontrovers über Themen wie Kinderarmut und soziale Sicherung, Krieg und Vertreibung oder über die Verheißungen von Bio- und Gentechnik debattierten.

Regine Kollek. Professorin für Technikfolgenabschätzung an der Universität Hamburg kritisierte unter anderem den ungezügelten Fortschrittsglauben in der Wissenschaft. Zum Beispiel dann, wenn embryonale Stammzellen im Labor geklont und damit Embryonen zu medizinischen Forschungszwecken verbraucht werden.

Auch die Versorgung jetziger und nachfolgender Generationen mit Lebensmitteln ließe sich nicht mit Wunderpflanzen aus dem Genlabor realisieren, resümierten internationale Entwicklungsexperten. Weltweite Armut sei ein Verteilungsproblem, das nur durch eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung bekämpft werden kann. Und: Armut kann auch eine Ursache für Terrorismus sein, warnte Bundesaußenminister Joschka Fischer: "Es wird in der Welt des 21. Jahrhunderts sozusagen nicht mehr die getrennte Welt der Reichen und die getrennte Welt der Armen geben. Globalisierung bedeutet auch die Globalisierung der Krise.

Weltpartnerschaft

Bundeskanzler Gerhard Schröder, der neben anderen Politgrößen wie Bundespräsident Horst Köhler oder CDU-Parteichefin Angela Merkel ebenfalls den Kirchentag besuchte, forderte eine Reform der UNO. Es müsse zu einer Weltpartnerschaft kommen, so Schröder: "Und das bedeutet: es braucht einen wirksamen internationalen Zusammenhalt, eine wirksame Zusammenarbeit, um die globalen Herausforderungen - wie Armut, wie Unterentwicklung, Epidemien wie Aids, aber auch Terrorismus und nicht zuletzt die Veränderung der Umwelt, etwa verursacht durch Klimakatastrophen - zu bewältigen."

Huber und Lehmann
Ökumenische Freude: Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche Deutschlands, und Kardinal Lehmann, Vorsitzender der Deutschen BischofkonferenzBild: AP

Als gute Wahl hat sich zumindest auf dem Kirchentag schon gezeigt, den interreligiösen Dialog - vor allem mit dem Islam - zu stärken. Auch innerkirchlich kam man sich ebenfalls wieder ein großes Stück näher, betonte der Vorsitzende des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Hans-Joachim Meyer: "Eine wirkliche Freude war es uns, das wir zu der gemeinsamen Entscheidung gekommen sind, den zweiten ökumenischen Kirchentag 2010 in München durchführen zu wollen."

Bis es soweit ist, können sich die Teilnehmer des 30. Evangelischen Kirchentags schon auf den nächsten freuen. Der findet, ganz ökumenisch, in zwei Jahren im katholischen Köln statt.