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Grund zum Aufatmen, aber nicht zur Sorglosigkeit

2. Mai 2011

El-Kaida-Chef Osama bin Laden ist tot. Das ist eine gute Nachricht, aber kein Grund zur Sorglosigkeit, meint Daniel Scheschkewitz.

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Themenbild Kommentar (Grafik Symbolbild: DW)
Bild: DW

Beinahe zehn Jahre lang haben die USA und die westliche Welt auf diese Nachricht gewartet: Osma bin Laden ist tot. Der Chef des Terrornetzwerkes El Kaida starb nicht irgendwie, sondern in einem Feuergefecht mit amerikanischen Spezialeinheiten, so wie es der damalige Präsident Bush nach den furchtbaren Anschlägen des 11. Septembers 2001 seinem Volk versprochen hatte.

Berechtigter Triumph

Daniel Scheschkewitz (Foto: DW)
Kommentar: Daniel Scheschkewitz

Entsprechend groß ist jetzt das Triumphgefühl in den USA. Nicht ganz zu Unrecht: Bin Laden war nicht nur der Hauptverantwortliche für den Tod von fast dreitausend Menschen am 11. September 2001. Er war Zeit seines Lebens die wichtigste verbindende Symbolfigur des weltweit agierenden Terrornetzwerkes, auch wenn er selber zuletzt wohl kaum mehr in der Lage gewesen sein dürfte, das blutige Terrorgeschäft operativ zu steuern.

Der Bann ist gebrochen

Bin Laden war zu einem Mythos geworden, der die Jünger des islamistischen Terrors durch seine bloße Existenz motivierte - und dadurch, dass er sich dem Zugriff der Supermacht USA fast ein Jahrzehnt lang erfolgreich entziehen konnte. Dieser Bann ist jetzt gebrochen. Das Terrornetzwerk hat seinen ideologischen Kopf verloren. Sein Nimbus ist zerstört und seine Strahlkraft wird mit der Zeit verblassen. Mit seiner Tötung haben die USA die klaffende 9/11-Wunde geschlossen. So weit so gut!

Grund zur Sorge

Doch es bleiben viele Fragen und berechtigte Sorgen. Wie konnte sich Bin Laden mitten in Pakistan, nicht weit entfernt von der Hauptstadt Islamabad, so lange unbehelligt aufhalten? Hatte die Treibjagd der amerikanischen Geheimdienste tatsächlich immer die volle Unterstützung Pakistans? Was ist mit der Nummer Zwei des Terrornetzwerks: Al Zawahiri? Er dürfte sich noch immer irgendwo im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet versteckt halten! Und wie unabhängig agieren die weltweit verzweigten Zellen des Terrornetzwerkes inzwischen? Es ist zu befürchten, dass die die Anhänger der El Kaida in nächster Zeit alles daran setzten werden, um ihre Existenz und ungebrochene Schlagkraft unter Beweis zu stellen.

Weitere Terrorgefahren

Die jüngsten Anschläge in Marrakesch und die aktuellen Verhaftungen von mutmaßlichen El-Kaida-Terroristen in Deutschland zeigen, dass ihnen dies auch gelingen könnte - und dass die Terrorgefahr auch zehn Jahre nach 9/11 keineswegs gebannt ist. Selbst die aktuellen Umwälzungen in der arabischen Welt könnten den Dschihadisten neue Aktionsräume eröffnen. Denn wenn Chaos und Vertreibung anstelle von Freiheit und Stabilität in der arabischen Welt Einzug halten sollten, wird das auch zu einem neuen Nährboden für den Terror werden. Es wäre naiv zu glauben, mit dem Tod Osama Bin Ladens sei die Geißel des Terrors ein für alle Mal aus der Welt verschwunden. Bin Laden ist nun zwar als Terrorchef ausgeschaltet, sein Netzwerk wird aber auch weiterhin Zulauf erhalten, wenn die fundamentalen Ursachen für Terrorismus nicht auch politisch bekämpft werden.

Bin Ladens Tod ist ein wichtiger Teilerfolg in der weltweiten Terrorbekämpfung. In Sicherheit wiegen dürfen wir uns deshalb noch lange nicht.

Autor: Daniel Scheschkewitz
Redaktion: Martin Schrader