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Auferstanden aus roten Zahlen

Thomas Kohlmann1. August 2003

Jahrelang machten die europäischen Telekom-Unternehmen negative Schlagzeilen. Nach einem gewaltigen Schulden- und Arbeitsplatzabbau sorgen sie jetzt wieder für positive Überaschungen.

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Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke hat seinem Unternehmen eine Radikal-Kur verordnetBild: AP

Ob Telefonica, France Telecom oder British Telecom (BT). Jedesmal, wenn die früheren Telefon-Monopolisten Europas in letzter Zeit ihre Ergebnisse bekannt geben, sorgen sie für positive Überraschungen bei Analysten und Anlegern. Und schon treten Optimisten auf den Plan, die von der Wiedergeburt der Telekom-Riesen und dem Wiederaufstieg der Aktienkurse träumen.

Im vergangenen Jahr hatten die Telefon-Unternehmen noch reihenweise für Horrormeldungen gesorgt. Einst gefeierte Top-Manager wie der Chef der Deutschen Telekom, Ron Sommer, wurden in die Wüste geschickt. Sein Vermächtnis: Ein Rekordverlust von 24,6 Milliarden Euro im Jahr 2002, eine für 54 Milliarden Euro gekaufte US-Mobilfunktochter namens VoiceStream und Schulden von über 60 Milliarden Euro. Der Aktienkurs der ehemaligen Volksaktie kannte nur noch eine Richtung: steil nach unten.

Aufräumen bei den Telekom-Riesen

Sommers Nachfolger Kai-Uwe Ricke, seit Mitte November 2002 an der Spitze des T-Konzerns, konnte im ersten Quartal 2003 dann mit einem Gewinn von 850 Millionen Euro aufwarten. Sogar ohne einmalige Sondereinflüsse wie den Verkauf von Immobilien oder Kabelnetzen blieben immerhin noch 100 Millionen Euro Gewinn im T-Netz hängen. Die Schulden lagen mit gut 56 Milliarden Euro fast fünf Milliarden Euro niedriger als noch Ende 2002. Die Fortschritte bei der Neuausrichtung der Telekom lassen sich am Aktienkurs ablesen: Vom Kurstief bei 8,55 Euro im Herbst 2002 kletterte die T-Aktie auf Kurse über 13 Euro. Trotz der Erholung ist die T-Aktie damit aber immer noch meilenweit entfernt von ihrem Höchststand im Frühjahr 2000: Der hatte bei knapp 104 Euro gelegen.

Rund ein Jahr nach dem Weggang von Sommer erscheinen heute selbst die acht Milliarden Euro, die sein Konzern für die deutschen UMTS-Lizenzen auf den Tisch geblättert hatte, in einem anderen Licht. Nach dem Ausscheiden der Konkurrenten MobilCom und Quam sind im deutschen Mobilfunkgeschäft nur noch vier Anbieter übriggeblieben, so dass die Telekom als Platzhirsch mit 25 Millionen Mobilfunk-Kunden durchaus gut dasteht.

Jobabbau ohne Ende

Trotzdem: Der Arbeitsplatzabbau wird bei den ehemaligen Monopolisten in den kommenden drei bis fünf Jahren weitergehen. Das liegt zu einem großen Teil an den aufgeblähten Personalstrukturen, die die Konzerne noch aus ihrer Zeit als Staatsunternehmen mit sich herumschleppen. Dazu kommt die digitale Revolution in der Telekommunikation: "Im Gegensatz zur analogen Technik wird nur noch rund ein Zehntel der Leute für das digitale Netz gebraucht", erklärt Analyst Frank Rothauge von der Bank Sal. Oppenheim in Frankfurt am Main.

Alle europäischen Telekom-Unternehmen haben stürmische Zeiten hinter sich. Ob France Telecom, Vodafone, die niederländische KPN oder Telefonica aus Spanien: Alle Ex-Monopolisten schockten die Börsen mit Rekord-Verlusten im vergangenen Jahr.

Vom früheren Branchen-Giganten BT ist nach dem Verkauf des Mobilfunkgeschäfts nur noch der Festnetz-Bereich und das Konzern-Kürzel BT übriggeblieben. Und das ist auch das Problem der Briten: Ohne eine renditestarke Mobilfunksparte wird die weitere Umsatzentwicklung unterdurchschnittlich verlaufen, glaubt Analyst Rothauge: "BT wird in den nächsten Jahren mit einem mageren Umsatzwachstum von ein bis zwei Prozent leben müssen."

Auch die britische Vodafone musste in den vergangenen Jahren Federn lassen. Der größte Mobilfunk-Konzern der Welt war in die Negativ-Annalen eingegangen, als Konzern-Chef Chris Gent im Mai 2002 seinen geschockten Aktionären den Rekordverlust von 13,5 Milliarden Pfund präsentierte, den höchsten Verlust, den je ein britisches Unternehmen gemeldet hatte. Und obwohl auch Vodafone zuletzt wieder schwarze Zahlen präsentierte, notiert der Kurs der Aktie heute 80 Prozent unter ihrem ehemaligen Höchstkurs.

Mageres Umsatzwachstum

Dass selbst bei Unternehmen wie Telefonica, die über einen starken Mobilfunkarm verfügen, die Umsatz-Entwicklung eher lahm ist, liegt zu einem großen Teil an den so genannten Desinvestments: Durch den Verkauf von Unternehmenssparten sinkt der Umsatz.

Leichten Rückenwind spüren die Spanier aktuell durch die Erholung des Lateinamerika-Geschäfts. Doch Telefonica steht noch bevor, was Unternehmen wie KPN schon hinter sich haben: Bis 2008 sollen im Festnetzbereich der Spanier rund 15.000 von 45.000 Stellen gestrichen werden. Gesamtkosten für den Jobabbau: etwa 3,75 Milliarden Euro.

Nach dem Fitnessprogramm wird Telefonica aber wieder – wie früher - zu den renditestärksten Telekom-Unternehmen gehören, glauben Telekom-Experten. "Wir rechnen damit, dass Telefonica ab 2005 Wachstumsspitzenreiter in Europa sein wird", glaubt Rothauge.

Noch ist aber unklar, wann die Aktien der Telekom-Konzerne wieder auf alte Kurshöhen klettern. Beispiel Deutsche Telekom: Den Kauf der US-Tochter VoiceStream hatte Sommer zu einem großen Teil mit eigenen Aktien bezahlt. Und so warten noch immer 30 Millionen T-Aktien, die der Mischkonzern Hutchinson Whampoa aus Hongkong aus dem Verkauf seiner VoiceStream-Anteile besitzt, auf ihren Verkauf. "Jedesmal, wenn sich der Kurs nennenswert erholt, kommt neues Material auf den Markt", erklärt Theo Kitz vom Bankhaus Merck, Finck & Co. – und belastet den Telekom-Kurs.