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Aufmerksamkeit nötig, nicht etwa Panik

Heinz Dylong19. September 2004

Die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg zeigten ein vielschichtiges Ergebnis. Vor allem das gute Abschneiden rechtsextremer Parteien erfordert die Aufmerksamkeit der Demokraten, meint Heinz Dylong.

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Die Würfel sind gefallen, die Stimmen sind abgegeben und ausgezählt. Sachsen und Brandenburg haben neue Landtage gewählt. Und schon ist beim Blick auf die SPD von einer Trendumkehr die Rede. Dabei ist vorläufig nur eines klar: Die Sozialdemokraten haben in Brandenburg nicht so stark verloren, wie es den vergangenen Monaten fast schon üblich wurde und bleiben stärkste Partei im Landtag. Die Popularität von Ministerpräsident Matthias Platzeck hat daran ohne Zweifel ihren Anteil.

Der Verlust der CDU von rund sechs Prozent - sie fiel hinter die PDS zurück - unterstreicht nur, dass die Wähler inzwischen deutlicher zur Kenntnis nehmen, dass die CDU eben nicht gegen die vieldiskutierten Sozialreformen der Bundesregierung ist. Denn natürlich haben besagte Reformen auch in diesen Wahlkämpfen die Hauptrolle gespielt. Das erklärt auch die deutlichen Zugewinne der PDS. Rechnerisch wäre auch eine SPD/PDS-Koalition möglich, politisch ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass es zur Fortsetzung der Großen Koalition von SPD und CDU kommt.

In Sachsen hat die CDU ihre absolute Mehrheit deutlich verloren und ist um fast 15 Prozent abgestürzt. Bei der Ursachensuche wird auch die Person des Ministerpräsidenten Georg Milbradt eine Rolle spielen. Seine Popularität reichte nie an die seines Vorgängers Kurt Biedenkopf heran. Dass die FDP den Sprung in den Landtag schaffte, mag überraschend sein, doch ermöglicht das die Bildung einer CDU/FDP-Koalition in Sachsen. Und das wollten die Wähler aus dem bürgerlichen Spektrum offenbar: Keine absolute Mehrheit für die CDU.

Zudem hat die zwischenzeitlich sehr unklare Haltung Milbradts zu den Sozialreformen das Profil der CDU nicht gerade geschärft. Die SPD in Sachsen hat nur gering verloren, was allerdings nicht überbewertet werden darf. Die Partei war schon bei der vorhergehenden sächsischen Landtagswahl nur auf 10,7 Prozent gekommen, ein Niveau, das für die Volkspartei SPD kaum noch zu unterbieten war. Bemerkenswert sind auch die nur geringen Zugewinne der PDS. Ihr - in Sachsen wie Brandenburg - auch populistischer Wahlkampf gegen das aktuelle Hartz IV genannte Reformpaket, hat ihr jedenfalls in Sachsen nicht den erhofften Erfolg eingebracht.

Den haben statt dessen rechtsextreme Parteien eingefahren. Die DVU konnte sich in Brandenburg im Landtag behaupten, und in Sachsen erreichte die NPD gut neun Prozent der Stimmen. Das haben die Rechtsextremen nicht zuletzt ihrer populistischen Ablehnung der Sozialreformen zu verdanken. Ernsthafte politische Konzepte kann man nach aller Erfahrung von beiden nicht erwarten. Beunruhigend bleibt ihr gutes Abschneiden gleichwohl.

Dabei geht es gar nicht darum, ihren Wählern ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild zu unterstellen. Vielmehr drückt sich hier ein beunruhigendes Misstrauen gegen die Demokratie aus, gegen ihre grundsätzliche Lösungskompetenz und Reformfähigkeit. Die Neigung zu den "einfachen Lösungen", die in Wahrheit natürlich keine sind und sich etwa in dumpfen ausländerfeindlichen Formeln verlieren, muss die demokratischen Parteien beunruhigen. Aufmerksamkeit ist nötig, Panik und Hysterie sind es sicher nicht.